Umweltschutz scheint sich in diesen Tagen nur mit 2 Begriffen zu reimen: mit blindem Aktivismus und mit zynischem Populismus.
Die einen, mit Namen die Föderalregierung, missbrauchen auf unverschämte Art und Weise ein Thema, das entgegen der Meinung einiger Unverbesserlicher eben keine Modeerscheinung ist, sondern das zentrale Problem der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Die Föderalregierung hat den Klimawandel für sich entdeckt. Nicht etwa, um -wie Großbritannien- mit gutem Beispiel voranzugehen und resolute Gegenmaßnahmen zu treffen. Nein: man surft auf der Klimawelle, um damit den Haushalt zu sanieren.
Die geplante Ökosteuer auf Verpackungen ist ein ganz kleiner Tropfen auf einem sehr heißen Stein. Der Einfluss von Verpackungen aller Art auf den CO2-Ausstoß ist sehr begrenzt. Natürlich sind die Unmengen an Plastikverpackungen und -tüten eine Umweltsünde par Excellence. Das aber nicht erst seit gestern. Es waren mit dieselben Leute, die jetzt die neue Ökosteuer einführen wollen, die vor 15 Jahren die Grünen von ECOLO und AGALEV verteufelt haben, als diese -als Gegenleistung für ihre Zustimmung der Saint-Michel-Abkommen- erstmals die Einführung einer Abgabe auf Verpackungen durchsetzten.
Genau das ist es doch: 20 Jahre lang hat die Umweltbewegung vor den Gefahren des Klimawandels durch den Ausstoß von Treibhausgasen gewarnt. 20 Jahre lang wurde sie von den Politikern der traditionellen Parteien geflissentlich überhört und belächelt. Und jetzt stellen sich eben diese Politiker hin, und schwadronieren über Klimaschutz.
Und sie üben sich dabei zugleich in unglaublichem Zynismus: primär geht es hier nämlich gar nicht um die Rettung des Planeten, sondern nur um Geld. Nicht nur, dass die geplante Ökosteuer noch nicht einmal als der Beginn eines konsequenten Handelns bezeichnet werden kann. Die Maßnahme ist zudem allenfalls halbgar; selbst in Regierungskreisen gilt sie als schwer umsetzbar.
Hauptsache, die erhofften 320 Millionen kommen rein, um das Budget ins Gleichgewicht zu bringen. Wenn nicht, und das ist der Gipfel der Unverschämtheit, dann führt man eben noch eine Steuer auf Flugzeugtickets oder Dienstwagen ein.
Zugegeben, die Maßnahmen müssen am Wochenende erst noch beschlossen werden. Diese unselige Diskussion zeigt aber schon, wie ernst es der Mehrheit mit dem Klimaschutz gemeint ist: Die Umwelt dient schlicht und einfach nur als Feigenblatt, um neue Steuern einzuführen.
Statt die Denkweise umzudrehen: was wollen wir unternehmen, um die Umwelt zu entlasten? Und wie gehen wir das an? Wenn man ohne finanzielle Daumenschrauben auskommt: umso besser. Wenn nicht: auch gut. Zusätzliche Einkünfte dürfen allenfalls ein netter Nebeneffekt sein, oder eben Mittel zum Zweck. Aber nicht die alleinige Motivation.
Stattdessen untermauert man beim Bürger noch ein ohnehin festsitzendes Vorurteil: Umweltschutz: das kostet Geld und Arbeitsplätze.
Glücklicher steht Flandern aber derzeit auch nicht da. Man meinte es ja nur gut. Alarmierende Feinstaubwerte veranlassten die Flämische Regierung zum Handeln. Kurzfristig. Aber das liegt in der Natur der Sache.
Hopplahopp wurden auf den Autobahnen die Schilder umgedreht: die, auf denen 90 Km/h steht und das Wörtchen “SMOG”.
Was das bedeutet, war so manchem nicht klar. Es hieß jedenfalls nicht: “Bei Nebel: Verringerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 90 Stundenkilometern.”
Über die Gründe kann man nur spekulieren; fest steht, dass auf Flanderns Autobahnen allein am Mittwoch 3.000 Temposünder geblitzt worden sind. Und die eine oder andere Staatsanwaltschaft ließ auch schon verlauten, dass trotz der Ausnahmesituation auch hier der übliche Tarif gelten solle.
Die Anti-Feinstaub-Maßnahme hat viel Ärger produziert, könnte für so manchen richtig teuer werden. Aber noch unglücklicher: sie bringt eigentlich gar nichts. Der Feinstaub, der die flämischen Atemwege reizt, kommt nämlich nicht aus flämischen Auspuffrohren, sondern im vorliegenden Fall wahrscheinlich aus dem Ruhrpott.
Außerdem hat die im übrigen recht chaotisch verlaufene Maßnahme eigentlich den Flamen noch einmal vor Augen geführt, wie unsinnig eine Regionalisierung der Straßenverkehrssicherheit wäre: auf ein und derselben Autobahn durfte man erst 90 fahren. Ein Stückchen weiter, in der Wallonie, hatte der zuständige Umweltminister Benoît Lutgen hingegen nur einen gutgemeinten Aufruf gestartet, doch bitte den Bleifuß vom Gas zu nehmen.
Das Resultat ist hier jedenfalls unterm Strich dasselbe wie bei der Ökosteuer: die einen wollen ihren Haushalt sanieren, die anderen drehen Schilder um, und verstecken sich mit einer Radarfalle dahinter.
Beide Maßnahmen sind “per se” nicht verwerflich. Ökosteuer und Tempolimit sind bestimmt Schritte in die richtige Richtung. Sie sind allerdings so zaghaft, so punktuell, dass den Bürgern der Kosten-Nutzen-Faktor verborgen bleibt. Zugleich bleiben viel flagrantere Umweltsünden unangetastet.
Es reicht nicht, nur dann die Klimaschutzkeule zu schwenken, wenn es gerade passt, oder wenn man medienwirksam anzeigen will, dass man etwas tut. Es bedarf einer allgemeinen Kehrtwende. Und die wird noch schwerer zu verkaufen sein, wenn sich schon die ersten Maßnahmen als Rohrkrepierer erweisen.