Zu den typischen Kennzeichen autokratischer Regime beziehungsweise von Führern mit ausgeprägtem persönlichen Geltungsbedürfnis gehört fast immer auch ein bemerkenswerter Hang zu pompösen Militärparaden. Also die Art von Militärparaden, wie wir sie jetzt zum Beispiel in Peking gesehen haben. In diesem Zusammenhang muss man auch nicht Psychologie studiert haben, um zu verstehen, warum der derzeitige US-Präsident ebenfalls unbedingt eine eigene Militärparade in seiner Hauptstadt haben musste.
Aber, Ehre wem Ehre gebührt, die damals eher lustlos scheinenden amerikanischen Soldaten hätten sich vielleicht ein paar chinesische Trainingsvideos anschauen sollen. Dann hätte das Ganze wahrscheinlich mehr Eindruck gemacht. Ganz zu schweigen von der, nennen wir es mal, "Organisation" jubelnder Menschenmassen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Militärparaden sind natürlich immer auch eine Demonstration von Macht. Und zwar sowohl nach außen als auch nach innen. Also einmal Einschüchterung der Nachbarn. Und dann natürlich auch die eigenen Bürger davon abhalten, auf dumme Gedanken zu kommen. Immerhin sind die Panzer im Gegensatz zu 1989 dieses Mal durch Pekings Straßen gerollt, ohne dass dabei Bürger zu Schaden gekommen sind.
Was wir in Peking also vorgeführt bekommen haben, war dann wohl die militärische Speerspitze der sogenannten neuen Weltordnung unter Chinas Führung. Frei nach dem Motto: Der Westen ist tot, es lebe der Osten. Oder korrekterweise: der Ferne Osten. Weil was im Osten näher an unseren Grenzen liegt, mag zwar auch ziemlich zackig marschieren können auf dem Roten Platz, taugt auf dem Schlachtfeld aber offensichtlich meist nur als Kanonenfutter. Und wäre ohne die tatkräftige chinesische und nordkoreanische Schützenhilfe vielleicht bereits kollabiert.
Das Schöne dabei ist ja auch, dass wir uns keine Sorgen machen müssen. Zumindest nicht, wenn wir dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping glauben wollen. Denn die neue Weltordnung und ihre Vertreter werden für eine stabilere, gerechtere und demokratischere Welt sorgen, ganz fest versprochen. Schließlich steht doch kaum jemand so für das Schaffen von mehr Stabilität als zum Beispiel Wladimir Putin und Kim Jong-un, um einfach mal zwei der Ehrengäste herauszugreifen.
Und Gerechtigkeit erst… China, Russland, Belarus, der Iran – das sind doch alles Länder mit einer geradezu vorbildlichen unabhängigen Justiz, humanen Strafvollzugssystemen und gleichen Rechten für alle. Nicht umsonst sind sie dafür fast so berühmt wie für ihre Demokratien und Menschenrechte.
In dem Sinne haben wir also nicht das Geringste zu befürchten. Im Gegenteil, wir sollten die neue Weltordnung wohl mit offenen Armen willkommen heißen und die Kollaboration, pardon, Kooperation suchen, wo es nur geht. Unser Ex-Premierminister Yves Leterme hat ja vorgemacht, wie man sich ein Plätzchen auf der Tribüne bei der Militärparade sichert.
Wer nicht das Nachsehen haben will, sollte sich außerdem die Werke von Marx noch einmal vornehmen. Die könnten einen in dieser schönen neuen Weltordnung sehr weit bringen. Nein, nicht Karl Marx. Obwohl man mit dem zumindest in Peking vielleicht auch noch ein bisschen punkten kann bei Partys. Nein, Groucho Marx. Dem wird ja das Zitat zugeschrieben: "Das sind meine eisernen Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere."
Boris Schmidt
Die "Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit" sollte man nicht überbewerten. Das ist mehr Schein als Sein. Die Mitglieder haben viele Konflikte untereinander, wie China mit Indien oder Indien mit Pakistan.
Und von Militärparaden sollte man sich nicht blenden lassen. Die russische Armee glänzt auf Militärparaden aber nicht auf dem Schlachtfeld. Die Leistung der russischen Armee ist ziemlich schlecht.
Der Grund für die Gründung der SOZ lag im Beilegen von Grenzstreitigkeiten nach dem Zerfall der Sowjetunion und sich sinnlose + teure militärische Eskapaden untereinander zu ersparen. Die heutigen Zusammenkünfte der SOZ sind eher ein erzwungenes Ergebnis europäischer und US-amerikanischer demokratischer Wirtschafts-, Werte- und Finanzpolitik mit Mitteln der Einschüchterungen, Erpressungen, Ordnungskriegen (Irak, Iran, Afghanistan, Gaza), gesteuerten "farbigen", blutigen Regierungswechseln, Drohungen, Sanktionen, Zöllen, IWF, Weltbank... China hat im Gegensatz zu den USA und seinen europäischen Vorfahren und heutigen Vasallen in seiner langen Geschichte noch nie andere Erdteile überfallen und ausgeraubt. Geben wir denen doch mal - ganz weltendemokratisch - eine Chance. Der bisherige Weltenherrscher USA + Israel + Europa erscheint immer irrationaler und militaristischer, je mehr seine Wirtschaftskreisläufe und Interventionspläne stagnieren oder gar stocken. Die NATO-Ukraine zermürbt gerade an einer 1500km langen Front - der Werte-Westen würde niemals verhandeln wollen, wenn er auf der Siegerstraße wäre, so wie in Syrien.
Herr Krapalies.
Die Chinesen hatten bis jetzt nicht die Möglichkeit, andere Kontinente zu überfallen.Haben in ihrer Geschichte auch andere Länder unterjocht wie zum Beispiel Tibet.Oder auch Krieg gegen Nachbarn geführt, wie Vietnam oder Indien.Die sind genau so imperialistisch eingestellt wie Amerikaner oder Europäer.In mancher Hinsicht sogar schlimmer.In Afrika sind die Chinesen sehr aktiv.Dort werden Rohstoffe getauscht gegen chinesische Fertigwaren oder Infrastruktur (die Chinesen bringen Arbeitskräfte und Materialien mit. Beschäftigen keine Einheimischen).
China und Co sind keine echten Alternativen zu Uncle Sam und Co.Nur ein anderes Übel.Wenn man nur die Wahl hat zwischen Pest und Cholera, dann würde ich mich für Uncle Sam entscheiden.Der liegt einem kulturell am nächsten.
Und zZ hat China große innenpolitische Probleme wie etwa 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit oder eine Immobilienkrise.
Herr Eimerscheid, Kollegen haben neulich über eine Hilfsaktion in Côte d’Ivoire versucht, ein Krankenhaus nach militärischen Verwüstungen und wetterbedingten Schäden elektrisch zum Funktionieren zu bringen. Neben den Problemen mit der Ersatzteilversorgung von elektrischen Bauteilen und dem feuchtwarmen Klima stellte sich schnell heraus, dass für das weitere Betreiben und der Wartung der Anlagen gar keine Fachleute existierten. Wenn Sie in Afrika zügig Infrastrukturen errichten wollen, benötigen Sie eigene Fachleute. Wenn Sie nur auf Einheimische zurückgreifen wollen, können Sie Ihre Vorhaben die nächsten 20 Jahre vergessen. Es fehlt an allem. China und Indiens Streitigkeiten liegen einer willkürlichen Grenzziehung 1914 durch den Briten McMahon zu Grunde - die "McMahon-Linie". Peking hat diese koloniale Festlegung immer abgelehnt. Britische Korrekturen der Grenzen sorgen bis heute für Streit auf der gesamten Erde. Wenn Sie das russische Militär für schlecht halten, dann brauchen Sie auch keine 5% des BIP für Militarismus und Kriegswaffen ausgeben.
Herr Krapalies.
Den militärischen Wert einer Armee sieht auf dem Schlachtfeld. Der Anteil der Rüstungsausgaben am BIP sagt gar nichts aus über den Kampfwerk einer Armee..
Herr Scholzen, das verstehe ich nicht. Wenn Sie in der russischen Armee einen militärisch schlechten Gegner sehen, wozu wollen Sie sich dann finanziell so Überschulden, dass Ihre eigene Staatlichkeit bereits in Frage gestellt wird, bevor überhaupt nur ein Schuss abgegeben wurde? Weshalb wollen Sie sich auf einen konventionellen Krieg gegen einen Gegner vorbereiten, der über 5459 Atomsprengköpfe verfügt? Wieso ist für Sie als Europäer die "Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit" nicht beachtenswert, obwohl sich die größte Demokratie der Welt > Indien, die größte Fertigungswirtschaft der Welt > China und der größte Energieversorger der Welt > Russland gemeinsam treffen und sich anscheinend gegenseitig mehr vertrauen als dem gesamten Westen, der nicht mehr in der Lage ist, Verträge einzuhalten? Ich bin froh, dass wenigstens Yves Leterme als Vorsitzender der chinesischen Holding "ToJoy" zumindest versucht, "unterirdisch" Gesprächskanäle offen zu halten.
Die Gegnerschaft zum Westen ist die einzige Gemeinsamkeit von China, Indien und Russland. Mehr ist nicht.
Gut Russland hat tausende Atomsprungköpfe.Nur die sind nutzlos im Ukraine-Krieg.Die Ukraine mit Atomwaffen zu zerstören, würde Russland mehr schaden als nützen.Durch eine atomverseuchte Ukraine könnte man keine Truppen Richtung Europa schicken, eine atomverseuchte Ukraine wäre ökonomisch nutzlos.Daher bleibt nur der konventionelle Krieg.Wie lange Russland den durchhalten kann, ist schwer zu sagen.
Die Chinesen unterstützen Russland in der Hoffnung, dass sich Russland und der Westen gegenseitig schwächen und die Chinesen als lachende Dritte nachher da stehen. Dann kommt China preiswert an die russischen Rohstoffe und kann Europa Preise für Fertigwaren diktieren.
Herr Scholzen, nichts für ungut, Ihr Westen ist eitel, narzisstisch mit einem Hang zu Verschwörungsmythen. Wenn sich 40% der Erdbevölkerung treffen, geht es nicht immer nur allein um den Westen oder gar sich gegen den Westen insgeheim zu verschwören. Sie projizieren nur ihre eigenen Denkweisen auf Andere.
Russland geht es nicht um Territorium sondern um Sicherheitsgarantien, die der Westen 2021 nicht bereit war, vertraglich zuzusichern. Es geht bei den Atomsprengköpfen nicht um die Ukraine, da hat Russland noch ganz andere Möglichkeiten zur Eskalation, sondern um Brüssel oder London, die mittels Hyperschallraketen oder automatischen "Tote Hand"-System in wenigen Minuten in Parkplätze verwandelt werden können. Wenn Russland oder Iran enthauptet und in westliche Strukturen eingebunden werden, wird China von seinen dringend benötigten Rohstoffquellen abgeschnitten und erpressbar. Dann kann der Westen China die Preise seiner Waren diktieren; so wie USA das mit den Vasall-Europäern gemacht haben, die für 750 Miiliarden Dollar Energie kaufen müssen.