Der Kölner Rockmusiker Wolfgang Niedecken ist in der Region ein alter Bekannter. Nicht nur wegen seiner Wahlheimat Kronenburg. Er ist ja oft hier aufgetreten, zuletzt noch im Dezember in St. Vith im Zuge seiner "Zeitreise". In Weismes nahm er mit BAP im Sommer 1998 das Album "Comics & Pin-Ups" auf. Der erste Titel darauf (jetzt mal eingedeutscht): "Was geht uns die Sintflut an?" Und weiter: "Solang man hier noch tanzen kann. Gut, dass Platz ist auf dem Vulkan …"
Vor vier Jahren hatte Niedecken unter dem Eindruck der Flut, die seine Wahlheimat schwer getroffen hatte, neben spontanen Benefizkonzerten auch Interviews gegeben und erklärt: wer den Klimawandel leugne, "der hat sie nicht mehr alle". Niedecken halt. Er bezog sich da nicht nur auf die zunehmenden Starkregen-Ereignisse, sondern auch auf Waldbrände und auf lange Trockenheiten. Wie wir es mittlerweile aus alarmierenden Wetterberichten gewohnt sind … oder soll ich sagen: überdrüssig? Abgestumpft?
Da braucht es andere Reize - wie sie die Unterhaltungsindustrie liefert. Mitunter unfreiwillig. Die spektakulären Bilder von der brennenden Hauptbühne beim Elektro-Festival "Tomorrowland" in Boom sind um die Welt gegangen - so wie ja auch Besucher aus der ganzen Welt dazu anreisen. Zu der Erleichterung, dass dabei kein Mensch verletzt worden ist, gesellte sich rasch die Sorge, inwiefern das Event stattfinden bzw. das Erlebnis getrübt sein könnte. "Warum ausgerechnet dieses Jahr?" wird eine Gruppe junger Besucher aus der Schweiz zitiert, die daraufhin zum Bier griff, um (nach eigenen Worten) "zu vergessen". Auch andere waren erst "am Boden zerstört", aber Gott sei Dank schnell wieder in Feierlaune.
So gesehen war es noch ein Glücksfall, dass die offensichtlich leicht brennbare Bühne zwei Tage vor dem Festival in Rauch und Flammen aufgegangen ist und nicht, wenn zigtausende Besucher davorstanden. Das will sich keiner ausmalen. Was Massenpanik anrichten kann, zeigte sich ziemlich genau vor 15 Jahren auf der Loveparade in Duisburg, bei der es 21 Tote gab.
Insofern könnte die brennende Bühne von "Tomorrowland" ein Fanal sein, dass Sicherheitsvorkehrungen und Brandschutzvorschriften bei solchen Großereignissen über allem anderen stehen sollten. Feuerwerk soll es in Boom in diesem Jahr wohl nicht mehr geben.
Bemerkenswert ist, wie schnell sich die örtlichen Behörden durchringen konnten, den Veranstaltern trotz des Großbrandes grünes Licht zu geben. Nicht zuletzt mit dem Hinweis auf übergeordnete Interessen. Wo es doch sonst zeitraubender Prüfungen und Prozeduren bedarf - fragen Sie mal Betroffene! Aber wenn nach den zwei Festivalwochenenden alles hoffentlich gut abgelaufen ist und die vielen DJs und Besucher wieder abgezogen sind, bleibt ja genug Zeit, sich gründlich mit dem Vorfall auseinanderzusetzen. Und sich vielleicht wieder … wichtigeren Themen zuzuwenden. Aber das, so meinte Wolfgang Niedecken im eben angesprochenen Interview, sei wie "das Bohren ganz dicker Bretter".
Stephan Pesch
Flutkatastrophe, Wildfires:
Leider wirklich auf dem Punkt getroffen von Ihnen, Herr Pesch!
"Gotham-City" / "The Walking Death" oder wie Sie es korrekt aussprechen "Der Tanz auf dem Vulkan" ist unvergesslich, unverzeihlich. Geschichte vergisst nichts.
Und, kommen wir auf meinen Hauptvorwurf, weil meiner Einschätzung nach "Teil des Systems". Besser kann mein Kollege youtuber JSix die Lage allgegenwertig beschreiben mit der mehrmals täglich stattfinden Doku aus BRD-Städten wie Berlin. Wo er als Deutscher mit Tadschikischem Migrationshintergrund aus der früheren UdSSR aufgewachsen ist.
Zuletzt sein gesellschaftskritscher Beitrag "Loveparade fällt ins Wasser" mit sehr deutlichen Vorwürfen gegen diese Spass- und Konsumgesellschaft auch ggü. Millionen Obdachlosen Deutschen in der BRD.
Schon wegen seiner journalistischen Kernkompetenzen wird mir leider täglich immer mehr bewusst, dass mein hier verständlicherweise angeprangerter Pessimissimus vielleicht doch Realismus bleibt. Oder sogar ich mir selbst noch zum Ende meiner Lebenstage den Vorwurf machen werde, als Pessimist noch immer zu optimistisch gewesen zu sein.