Fünf Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes sollen alle Nato-Länder spätestens 2035 für die Verteidigung ausgeben. 3,5 Prozent sollen reine Militärausgaben sein, die restlichen 1,5 Prozent dürfen auch in Projekte fließen, die nicht nur rein militärischen Zwecken dienen. Infrastrukturprojekte zum Beispiel. So lauten die neuen Vorgaben, auf die sich der Nato-Gipfel am Mittwoch geeinigt hat.
Widerstand dagegen kam nur vom spanischen Premierminister Pedro Sanchez. Der behauptete bis zum Schluss, auch mit deutlich weniger Geld den Beitrag seines Landes zu einer starken Nato leisten zu können. Das war ehrlich, und prompt gab es dafür einen öffentlichen Tiefschlag von US-Präsident Donald Trump. Der droht Spanien jetzt mit einem Handelskrieg. Geht man so mit einem Partner um?
Belgien hat sich einer solchen öffentlichen Demütigung entzogen - obwohl Premier De Wever in Den Haag praktisch keinen anderen Standpunkt vertreten hat als sein spanischer Kollege. Die Gründe mögen verschieden sein - doch im Ergebnis sieht es in Belgien zunächst nicht anders aus als in Spanien. Denn das Kernkabinett hatte sich erst kurz vor dem Nato-Gipfel darauf geeinigt, die Militärausgaben in Belgien bis 2034 auf "nur" 2,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern. Ein Jahr später schon müssten es laut Nato-Zielen ein Prozent mehr sein. Was ohne extreme Radikalkur unvorstellbar erscheint.
Doch warum über Belgien im Unterschied zu Spanien kein Trump-Gewitter ausbrach, liegt mit Sicherheit an zwei Dingen: Zum einen ist Belgien nicht Spanien - Spanien ist flächenmäßig mehr als 16 mal größer als Belgien, hat gut viermal so viele Einwohner und erwirtschaftet ein gut zweieinhalb Mal so hohes Bruttoinlandsprodukt wie Belgien. Kurz: Spanien besitzt als Nato-Mitglied einfach mehr Gewicht.
Zum anderen ist De Wever nicht Pedro Sanchez. De Wever verkündete nicht lauthals, die fünf oder auch nur 3,5 Prozent nicht einhalten zu können, sondern flog mit der Haltung seiner Regierung quasi unter dem Radar des Nato-Gipfels hindurch. Kein Klartext gegenüber Trump, kein Buckeln vor dem allmächtig erscheinenden US-Präsidenten, so wie es Nato-Chef Mark Rutte in fast schon beschämender Art getan hat. So kam De Wever, so kam Belgien mit dem Image des braven Schülers durch den Nato-Gipfel. Mit der unausgesprochenen Hoffnung, dass sich alles mit der Zeit auch ändern kann. Trump nicht auf ewig US-Präsident bleiben wird. Und in ein paar Jahren die 3,5 oder fünf Prozent schon nicht mehr so in Stein gemeißelt erscheinen, wie noch jetzt.
Kann man machen, ist für Belgien sicher auch sehr gut. Trotzdem hinterlässt der Nato-Gipfel natürlich einen bitteren Nachgeschmack. Denn von einem Bündnis aus gleichberechtigten souveränen Staaten kann bei der Nato nicht mehr die Rede sein. Auch in der Nato macht sich jetzt das Recht des Stärkeren breit. Der Stärkere, der fordern und drohen kann, wie es ihm passt. Vor dem die anderen zittern und buckeln und nicht mehr den Mut haben, die volle Wahrheit zu sagen. Und der seine Stärke nicht für das noble Ziel einsetzt, die schwächeren Partner mit seiner Stärke zu schützen. So wie es einmal war in der Nato. Früher, vor nicht mal allzu langer Zeit.
Kay Wagner
Es wäre schön, wenn diese Verniedlichung dieser absurden und selbstzerstörerischen Ausgaben anstatt in Prozentzahlen zum BIP, in für die Allgemeinheit verständlichen wirklichen Größenordnung von Milliarden Euros ausgedrückt werden. Danke.
@Uwe Krapalies
Wie zu Corona-Zeiten will uns Politik+Presse mit Prozentzahl-Spielchen ablenken und verwirren, es soll nicht informiert sondern politisch manipuliert werden. Ist der Journalismus überhaupt noch interessiert an reeller Arbeit für den Bürger oder sind alle Mitarbeiter der öff.Medien Regierungssprecher?
Also:
In den letzten Jahren lagen die Militärausgaben Belgiens bei über 7 Milliarden Euro, das sind 1,2% des BIP. Bei den genannten 5% sollen 3,5% reine Militärausgaben sein,d.h. fast eine Verdreifachung; dies entspricht zukünftig mehr als 20 Milliarden Euro.
Finanzierung? durch Verschuldung!!!
Rückblende:
Der Staatshaushalt 2024 (Einnahmen 85 Mrd€, Ausgaben ca.112 Mrd€, Neuverschuldung 27 Mrd€) hat ein Defizit von ca.4,5% des BIP.(Schätzungen) Wo soll dann das Geld für noch mehr Ausgaben herkommen als durch Verschuldung?
Und wie wird diese Verschuldung einst abgebaut werden? Durch eine von der Obrigkeit initiierte Inflation vermute ich.
In Deutschland wird diese zweckgebundene Neuverschuldung schon seit einem Jahr als 'Sondervermögen' schöngeredet. Bin gespannt, was für en manipulierenden Wortschatz man sich in anderen Ländern einfallen lässt.
Die Verteidigungsfähig muss erhöht werden.Das steht außer Zweifel.Nur gegen was müssen wir uns zusätzlich schützen ? Hauptsächlich gegen Spionage und Sabotage.Nicht so sehr gegen fremde Armeen.Die Leistungen der russischen Armee in der Ukraine sind nicht gerade überzeugend.Da muss man kein Militärexperte sein, um das zu sehen.Und deshalb ist die russische Armee keine große Gefahr für den Westen.Es reicht an der Ostgrenze der EU ein paar hundert tausend Soldaten zu stationieren und zusätzlich mit Atomwaffen abzuschrecken.
Anstatt das BIP als Größenmaßstab zu nehmen, sollte man bezogen auf die Einwohnerzahl militärische Kapazitäten definieren (pro x Einwohner soviel Soldaten, Flugzeuge usw).Dies weil das BIP zu unterschiedlich ist von Land zu Land. Auch innerhalb der EU.
"Die Verteidigungsfähig muss erhöht werden."
Nein, das Foederale Koenigreich braucht gar keine Armee.
Weil es keine potenziell feindseligen Nachbarn oder ne anderweitige Bedrohung gibt. Und mit diesem einzusparenden Geld lassen sich beispielsweise "Fluchtursachen" weltweit unter Kontrolle bringen und der Schutz der EU-Außengrenze 35 Jahre zu spät endlich mal installieren.
Oder man unterschreibt halt Eidesstattlich, dass man seine Foederalen Militärbeamten wirklich vollständig für den Schutz der EU-Außengrenze einsetzen wird statt "als Showcase" gegen eine Nation.
@Guido Scholzen Der Journalismus ist ein Beruf wie jeder andere auch. Wenn Sie irgendwo angestellt sind, gelten Leitlinien und Betriebs-/ Arbeitsanweisungen der jeweiligen Arbeitgeber. Sie können den Journalismus nicht pauschal abqualifizieren; die müssen auch ihre Raten/ Kredite/ Mieten … abzahlen. Sie meckern sinnbildlich über den Schatten an der Wand. Wenn die Eigentümerstruktur von Medien über einzelne Privatpersonen oder diversen politischen Parteien organisiert wird, werden Sie kaum allseitig und ausgewogen informiert werden können. Das müssen Sie als Bürger schon selbst leisten, wenn Sie möglichst viele richtige Entscheidungen in Ihrem Leben treffen wollen. Das können Sie nur, wenn Sie möglichst nah an der Wahrheit sind. Jedoch: Absolute Wahrheiten gibt es für uns Menschen nicht. Es gibt immer nur verschiedene Blickwinkel auf Ereignisse, aus denen Sie sich selbst einen „Reim“ machen können. Leider schafft der Journalismus es nicht, diese verschiedenen Blickwinkel darzustellen, da er dafür von den Eigentümern nicht bezahlt wird.