"Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher". So steht's in George Orwells Roman "Farm der Tiere". Genau dieses Zitat hätte Wesley De Visscher aber auch zum Titel seines Referats machen können, das er in seiner Eigenschaft als Chefberater von Finanzminister Jan Jambon am Montagabend in Brügge vor einem handverlesenen Publikum gehalten hat.
Und das gleich in doppeltem Sinne.
Zuallererst kann man das Zitat auf seine Zuhörerschaft anwenden, die anscheinend überwiegend aus Unternehmern und Steuerberatern bestand. Die hatten Eintrittsgeld bezahlt, um den Ausführungen des Kabinettschefs des föderalen Finanzministers und N-VA-Vizepremiers lauschen zu dürfen.
Kein Pappenstiel, 160 Euro, aber eine lohnende Investition, wie sich herausstellen sollte: "Es sind ja hoffentlich keine Journalisten im Raum?", fragte De Visscher sicherheitshalber nochmal nach, um dann freimütig und kumpelhaft über die Steuerpläne der Regierung zu parlieren. Dabei gab er Antworten preis, die sein Chef, immerhin der föderale Finanzminister, sogar dem Parlament bislang immer vorenthalten hatte. Insiderwissen eben.
Und das war für die anwesenden Unternehmer und Steuerberater natürlich umso wertvoller, als sie damit vorab von geplanten Maßnahmen erfuhren, auf die sie sich jetzt schon mal einstellen können. Wie zum Beispiel Einzelheiten über die geplante Kapitalertragssteuer, um die die Opposition und auch die Presse seit Wochen erfolglos gebettelt hatten. An der Börse nennt man so etwas "Insidergeschäft". Wettbewerbsverzerrung passt auch. "Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher"...
Aber, apropos Heuchelei: Wer die Aufregung rund um das bezahlte Referat "naiv" nennt und - wie insbesondere N-VA und MR - eben als scheinheilig abtut, als "absurdes Theater", der will eigentlich nur vom Thema ablenken.
Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass das Parlament nicht prioritär oder nur bruchstückhaft über Regierungspläne in Kenntnis gesetzt wurde. Problematisch ist aber im vorliegenden Fall vielmehr, dass offenbar zahlende Kundschaft vorab über Pläne informiert wurde. Und es ist vollkommen legitim, dass man bei der zuständigen Ethikkommission ein Gutachten über diesen Vorgang angefordert hat.
Das zweite Problem ist eher politischer Natur. Wesley De Visscher hat ja nicht nur vermeintliche "Steuertipps" gegeben. Das weiß man ziemlich genau, weil es ja einen Mitschnitt von der Veranstaltung gibt. Und der lässt manchmal sogar Bilder im Kopf entstehen. Zum Beispiel das von einem Kabinettschef, also einem klassischen Schattenmann, dem die ungeteilte Aufmerksamkeit seines illustren Publikums wohl zwischenzeitlich zu Kopf steigt, denn er fängt plötzlich an, aus dem Nähkästchen zu plaudern.
Dabei macht er sich unter anderem lustig über die Bauchschmerzen einzelner Koalitionspartner, die flennend gebockt hätten, weil sie die eine oder andere Maßnahme partout nicht schlucken wollten. Schlimmer noch: Er habe von seiner Partei den Auftrag bekommen, eine Kapitalertragssteuer auszubaldowern, die möglichst nicht wehtut, am besten wirkungslos bleibt, rühmt er sich.
Nur zur Erinnerung: Ohne eine solche Kapitalsteuer wären die flämischen Sozialisten Vooruit und wohl auch die beiden Zentrumsparteien der Arizona-Koalition nicht beigetreten.
Und genau diese Arroganz, diese Geringschätzung ist Gift. Natürlich ist eine Regierung kein Ponyhof, natürlich herrschen in dieser Welt Lügen, Täuschung und Verrat. Aber wer so offen zugibt, dass er die Partner im Grunde nur "linken" will, wer sich sogar noch damit brüstet, der zerstört den letzten Rest Vertrauen.
Und Vertrauen ist die Währung in der Politik: Innerhalb einer Koalition, denn ohne Vertrauen wird eine Regierung auf Dauer handlungsunfähig. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind die Vivaldi-Koalition oder auch die deutsche Ampel.
Vertrauen aber auch nach außen hin: Denn was hat die Arizona-Koalition immer wieder beteuert? Die Sparmaßnahmen seien ausgewogen; auch die stärksten Schultern würden in die Pflicht genommen. Nun, dank der Einblicke, die der geschwätzige Kabinettschef gewährt hat, weiß man jetzt, was von derlei Versprechen zu halten ist.
Es gilt also am Ende doch immer das berühmte Orwell-Zitat; "wer hätte es gedacht?", würde der eine oder die andere wohl gleich hinzufügen. "Die Masken sind gefallen", können Opposition und Gewerkschaften jetzt jedenfalls tönen, nachdem sie bislang irgendwie an der Regierung und dem ihr entgegengebrachten Vertrauensvorschuss abgeperlt waren.
Es waren also kostspielige Einblicke, die der Kabinettschef da gewährt hat, nicht nur für die Anwesenden in Form von Eintrittsgeld, sondern auch politisch betrachtet. Wie eigentlich jeder Chef müsste sich Jan Jambon jetzt von seinem ungeschickten Chefberater trennen. Aber, wie war das noch? Es gibt eben gleich und gleicher...
Roger Pint
Also da haben Steuerberater und Unternehmer 160 Euro Eintrittsgeld bezahlt, und bekamen etwas über ungelegte Eier🥚🥚 erzählt...
Man kann allen Beteiligten nur pure Dummheit attestieren.
Nun Herr Pint, wenn Sie ja so genau über das Gesagte Bescheid wissen, können Sie uns doch auch die Maßnahmen der Kapitalertragssteuer offenlegen, welche Ihrer Meinung nach den Strafbestand des Insiderwissen erfüllen. Und natürlich wissen Sie dann ja auch welchen Vorteil (auch wir) aus welcher Mitteilung wie gezogen werden kann.
Dies zu beantworten muss Ihnen ja ein leichtes sein, oder wiederholen Sie nur unbewiesene Behauptungen der Opposition?
Ist es nicht auch so dass die Ethikkommission durch den NVA Minister zu einer Stellungnahme befragt wurde?
Herr Pint,
wer hat beide Parteien eigentlich gewählt?
Bezogen auf die EU muss man als Rechtsextremer Wähler und Sozialhilfebetrüger schon dumm sein, wie bei vielen dieser Hauptverdächtigen zumeist auch der Koerper muskelbepackt und der Geldbeutel prall gefüllt ist. Und kaum alles Dank dieser fragwürdigen EU-Überdemokratie um Deutschland problemlos durchgesetzt, servieren noch halbwegs akzeptable Regierungen am "politisch rechten Rand" wie die Regierung De Wever dieser in Meinen Augen unerträglichen Wählerschaft zu "recht[s]" die Quittung. Wer kerngesund wie nie zuvor ist seit COVID-Ende und keine Lust hat als Krisen-Überprofiteur Steuern plus Sozialbeiträge zu zahlen, sondern häufig Schwarzarbeit treibt, fliegt endlich raus aus dem ALG.
Kollege marcel scholzen eimerscheid hat das zuletzt sehr korrekt formuliert, worüber ich froh bin. Folglich war meine Angst vor Herrn MP De Wever unnoetig. Denn jetzt triffts eben vieler der die es ausländerfeindlich treiben. Weil der N-VA einfach keine Lust mehr hat auf [inländischen] Sozialhilfebetrug, Steuerhinterziehung, Ausgrenzung der wirklich Schutzbedürftigen.