Dass Osterhase und Nikolaus (oder Weihnachtsmann) mal abgesehen von ihrer mystischen Funktion als Gabenbringer nichts miteinander zu tun haben, wissen wir von Uli Hoeneß. Zum anstehenden Osterfest drängt sich aber der Gedanke auf: "Schöne Bescherung!"
Die Regierung De Wever ging sicher nicht davon aus, dass über ihr Osterabkommen alle frohlockend in die Hände klatschen. Dass die Gewerkschaften dagegen Sturm laufen, gehört zu deren Kernaufgabe. Die sozialistische Gewerkschaft rät ihren Mitgliedern sogar, gegen die zeitliche Begrenzung des Arbeitslosengelds vor Gericht zu ziehen - so wie es schon vor zehn Jahren funktioniert hatte als Antwort auf Maßnahmen der Regierung Di Rupo. Und auch diesmal schätzt der juristische Dienst der FGTB die Chancen nicht schlecht ein, dass die Justiz der Argumentation der Gewerkschaft folgen könnte.
Stichwort Justiz: Eine weitere Reaktion auf das Osterabkommen kam aus einer Ecke, wo es weniger erwartet wurde, von Seiten der Magistratur. Sie kündigte an, der Politik angesichts drängender Aufgaben nicht mehr auf Abruf für die Beantwortung parlamentarischer Fragen oder gewisse Gutachten zur Verfügung zu stehen. So weit, so symbolisch.
Für helle Aufregung sorgte die Ankündigung, dass sie auch keinen Anlass mehr sehe, kürzere Haftstrafen nicht unmittelbar vollstrecken zu lassen. Der Verzicht darauf ist seit den 1970er Jahren wegen der überfüllten Gefängnisse gängige Praxis. Die Vorgängerregierung mit dem Justizminister Van Quickenborne räumte damit schrittweise auf, sein Nachfolger Van Tigchelt führte sie wieder ein und dehnte sie auf alle Haftstrafen unter fünf Jahren aus.
Diese Strafen unmittelbar durchzusetzen brächte auf einen Schlag 4.000 zusätzliche Häftlinge. Platz ist aber insgesamt nur für gut 11.000. Und weil die Gefängnisse nicht anders können, haben sie angekündigt, die Haftanwärter zwangsläufig wieder nach Hause zu schicken. Klingt nach Kafka.
Bei der Justiz sind es nicht nur die erwarteten Renteneinbußen, sie haben das Fass wohl nur zum Überlaufen gebracht. Seit Jahren bleiben die Rufe nach einer angemessenen (personellen) Ausstattung der Justiz ungehört und das Gleiche gilt für die Gefängnisse.
Der Vorwurf, dass die Magistratur nun im Eigeninteresse die Gefängnisse unnötig unter Druck setze, ist ein schlechter Witz. Die jahrzehntelangen Versäumnisse sind der Politik anzulasten. Für deren Lösung war vermutlich kein Platz mehr im Osterabkommen.
Stephan Pesch