Am Freitag ist also der Tag der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Begangen wird er seit Anfang der 1990er Jahre und von Anfang an ist er umstritten. Dabei gibt es dafür an sich keinen Anlass. Oder vielleicht doch in der Entstehung. Seinerzeit war man im RDG und der noch recht jungen Exekutive schon länger grundsätzlich der Meinung, auch die kleinste der drei Gemeinschaften Belgiens verdiene ein eigenes Wappen und einen Feiertag. Letzten Endes ging es aber hopplahopp.
Die Wahl des 15. November, also des „"Festtags des Königs", wurde von der damaligen Mehrheit als besonderes Zeichen der Loyalität gegenüber Belgien und dem Königshaus bewertet. Die Opposition hätte ein Schlüsseldatum der Autonomie wie den 23. Oktober für passender gefunden, sah aber ein, dass der Rat den Monarchen nach eingeholtem Einverständnis nicht desavouieren könne. Aber, so ist es in der "Parlamentarischen Ereignisgeschichte" nachzulesen: Das sei in etwa so, "als lege man Muttertag auf Weihnachten".
Festtag, Wappen und Fahne der Deutschsprachigen Gemeinschaft wurden also am 1. Oktober 1990 per Dekret eingeführt - auf eine Hymne als äußerem Zeichen der Verbundenheit der Bürger mit ihrer Gemeinschaft war verzichtet worden. Das holte der BRF vor etwas mehr als 20 Jahren nach, als unser damaliger Kollege Andreas Cremer eigens für den 1. April eine solche Hymne komponierte und zusammen mit dem unvergessenen Hubert Vanaschen vertonte. Nach der morgendlichen Uraufführung im laufenden Programm war vielleicht was los: Das sei ja wohl die Höhe! Und dafür sei Geld da! Der ironische Unterton im vorgegebenen "Stolz auf das schöne Ostbelgistan, wo alles nach Plan" laufe, wurde im Eifer des Gefechts überhört.
Nun sind die Zeiten ernst und nicht jedem ist angesichts von Sparmaßnahmen zum Feiern zumute. Aber geht es denn allein darum? Tatsächlich haben am Freitag längst nicht alle frei (wir auch nicht) und trotz offizieller Empfänge in Brüssel und in Lontzen und trotz Freikarten für die unterschiedlichsten Sportveranstaltungen will keine Volksfeststimmung aufkommen - was keinesfalls nur an der Jahreszeit liegt: Beim 11.11. lassen es sich ja auch viele Ostbelgier nicht nehmen, den Feiertag, der eigentlich dem Kriegsgedenken gewidmet ist, beim Karnevalsauftakt unter Nachbarn zu verbringen.
Wobei wir bei der Frage wären, wozu solche Feiertage eigentlich gut sind. Die meisten religiösen Feiertage sind mittlerweile so sinnentleert, dass sich etwa das sture Festhalten am Schulferienkalender drum herum kaum noch rechtfertigen lässt.
Politische Festtage sollten Anlass sein, zu fragen, woher man kommt … und wohin man will. Insofern bietet der von Anfang an umstrittene Tag der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine wunderbare Gelegenheit dazu - erst recht in schwierigen Zeiten.
Stephan Pesch
Der Festtag an sich ist eine gute Idee. Nur sollte er auf einen Tag fallen, wo alle Einwohner der DG frei haben. Entweder an einem Wochenende oder an einem gesetzlichen Feiertag. Das ist wichtig für das Zusammengehörigkeitsgefühl. In seiner jetzigen Form spaltet der Feiertag die Bevölkerung und wirkt eher kontraproduktiv.
Ein Tag, an dem gearbeitet werden muss und nicht gefeiert werden kann, ist kein Feiertag.
Die Regierung feiert auf unsere Kosten, die Beamten und Lehrer freuen sich über einen freien Tag und die Doofen dürfen arbeiten...
Jedes Jahr eine neue merkwürdige Diskussion, diesmal muss das Sparen herhalten, um an der Förderung unseres Zusammengehörigkeitsgefühls herumzunörgeln. Eigentlich kommt nur der 23. Oktober in Frage als Tag der Gemeinschaft. Da sollte auch tatsächlich frei sein, es gibt genügend Möglichkeiten das zu regeln. Und dann sollte Reih um in einer unserer Gemeinden der Tag als Volksfest gefeiert werden, aber mit der Zivilgesellschaft und unter Beteiligung aller Gemeinden, damit wir uns auch mal kennen und schätzen lernen. Deshalb ist jetzt der Zeitpunkt, den 23. Oktober festzulegen.
Warum "die damalige Mehrheit ein besonderes Zeichen der Loyalität gegenüber Belgien und dem Königshaus" benötigte, erschließt sich mir nicht. Die ist ja ohnehin gegeben, wenn wir verfassungstreu sind. Übrigens, an einem Tag zu feiern, an dem alle sowieso frei haben, ist keine Lösung. Es funktioniert nicht und dient sicher nicht dem Zusammengehörigkeitsgefühl..
"Der Festtag an sich ist eine gute Idee. Nur sollte er auf einen Tag fallen, wo alle Einwohner der DG frei haben. "
Müsste man überlegen. Die Idee, den Tag unserer DG im Herzen von Europa auf das Wochenende zu verlegen, damit auch Berufspendler [DE, LU] problemlos zusammen frei haben zum Feiern.
Denn zusammen mit dem Nationalen Minderheitsrecht der Menschen in Südtirol ist der Feiertag der DG der Besondere Anlass, weil Loyalität zum Foederalstaat und Kooperation mit dem Foederalstaat hier in der DG genau wie in Südtirol vorbildlich funktionieren.
Original-DG sein inclusive voller Integration bzw. Anteilnahme am Belgischen Staat ist genau wie bei unseren Südtirolern als gleichberechtigte Mitglieder der italienischen Foederation ein wertvolles Gut. Das darf jenseits von politischer Einstellung gefeiert werden. Vorbildlich wie man die Bedürfnisse einer nationalen Sprach- und Kultur-Minderheit berücksichtigt bekommt, ohne dass es zum Bruch mit dem Staat kommt.