Copacabana, Caipirinha, Karneval - Brasilien genießt im Ausland ein sonniges Image. Doch das Land hat auch dunkle Seiten: hohe Mordraten, Armut und Korruption. Davon haben die Brasilianer genug. Das traurige Resultat: Ab 2019 wird ein Rechtspopulist das fünftgrößte Land der Welt regieren: Jaír Bolsonaro - ein Mann, der immer wieder mit frauenfeindlichen, homophoben und rassistischen Kommentaren Schlagzeilen gemacht hat.
Kein Wunder, dass Bolsonaro gerne mal Brasiliens Trump genannt wird. Und jetzt ist auch Bolsonaro Präsident - trotz seiner fragwürdigen Ansichten, oder gerade deswegen? Zumindest sagt er, was er denkt - finden seine Anhänger. Was er sagt, ist dabei zweitrangig.
Nicht jeder Bolsonaro-Wähler ist rassistisch oder schwulenfeindlich. Viel wichtiger war ihnen, dass Bolsonaro unkonventionell ist, kein herkömmlicher Politiker. Das hat den Wählern in Brasilien gereicht - einem Land, wo die Regierungen zu oft versagt haben. Hauptsache Veränderung.
Dass es sogar schlimmer werden könnte, vergessen die Wähler dabei vor lauter Wut. Zwar verpassen sie den traditionellen Parteien damit einen Denkzettel - aber sich selbst tun die Wähler damit auch keinen Gefallen. Eine korrupte Demokratie ist zwar bedenklich, aber die Aussicht auf eine gewaltbereite Diktatur erscheint mir das noch größere Übel.
Immer wieder hat Bolsonaro öffentlich die Militärdiktatur verherrlicht - dafür, dass sie politische Feinde gefoltert hat, nur getötet habe sie nicht genug - so Bolsonaro wörtlich. Von Demokratie hält er nicht viel. Trotzdem hat er es an die Macht geschafft - und zwar demokratisch gewählt.
Bolsonaro ist genau wie Trump nur die Spitze des Eisbergs. Rechtspopulismus ist ein weltweites Phänomen - auch in Europa ist Populismus längst wieder auf dem Vormarsch. Dagegen sollten sich die herkömmlichen Parteien wappnen. Doch ohne Angst zu schüren - denn damit würde man sich auf das Niveau der Populisten herablassen.
Auch in Brasilien bedienten sich Bolsonaros Gegner immer mehr der Angst: "Nicht Bolsonaro" wurde zum Wahlslogan. Bolsonaro vermeiden - an sich eine gute Idee, vergleichen ihn einige Kritiker doch sogar mit Hitler. Auch wenn die Vergleiche nicht ganz aus der Luft gegriffen sind: Bolsonaro zu verteufeln, hat die Fronten nur zunehmend verhärtet. Mit dem Resultat, dass beide Seiten sich an ihr Weltbild festklammern. Alles, was nicht zur eigenen Ansicht passt, wird als Fake News beschimpft.
Doch Fehler einräumen - das könnte die Antwort auf Populismus sein. Es ist Unzufriedenheit, die das Votum immer weiter nach rechts drängt. Die Lösung kann daher nur sein, soziale Probleme an der Wurzel zu packen - und sich eingestehen, dass nicht immer alles richtig läuft.
Raffaela Schaus