Es geht hier nicht um die Frage, wer, wann, wie, warum an der Uhr gedreht haben mag (auch wenn klar ist, dass es immer die Mächtigen waren). Weil aber die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit und umgekehrt ein ständiges Ärgernis ist, hatte ja das Europäische Parlament empfohlen, sich dazu Gedanken zu machen.
Und die EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker hat nicht lange gefackelt, eine Online-Umfrage gemacht und - "zack" - verfügt: Schluss mit der Zeitumstellung. Natürlich waren bei dieser Online-Umfrage weder die Zahl der Teilnehmer noch ihre Herkunft repräsentativ. Aber - soviel politische Erfahrung und typisch luxemburgischen Pragmatismus darf man Jean-Claude Juncker zutrauen - er wusste schon: Die Leute sind sie gründlich leid, die Zeitumstellung.
Nun hätte ja die Kommission einheitlich und ein für alle mal beschließen können, welche Zeit künftig die "gute" ist. So, und das weiß gerade Juncker, funktionieren aber die Entscheidungsprozesse nicht in Europa. Darum hat er die Entscheidung an die Mitgliedsstaaten weitergeschoben. Und die wollen die Entscheidung, so zumindest die Ankündigung des belgischen Premiers, ihren Bürgern überlassen.
Das Ergebnis der Online-Umfrage ließ erahnen, dass die Sommerzeit das Rennen machen könnte: Wer sitzt schon nicht gerne bei schönem Wetter bis spätabends im Hellen auf der Terrasse. Nur lässt sich der Sommer als Jahreszeit eben nicht das ganze Jahr verlängern.
Wissenschaftler warnen davor, dass der spätere Sonnenaufgang im Winter ungeahnte Folgen auf Gesundheit und Gemüt haben könnte. Man stelle sich nur vor, es wird erst um halb zehn so richtig hell. Vor allem in den Morgenstunden, da sind sich alle einig, hat das Tageslicht einen wichtigen Einfluss auf den Organismus.
Es stellt sich sowieso die Frage, ob wir wirklich eine gleiche Zeit brauchen für das Galizien im Südosten von Polen und das Galizien im äußersten Nordwesten Spaniens. Da wären wir nämlich beim Kern des Problems: Die bei uns geltende Normalzeit, die Winterzeit, orientiert sich am 15. Längengrad - der geht unter anderem durch Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze und wird mit dem Begriff "Mitteleuropäische Zeit" perfekt beschrieben. Warum sie auch bei uns in Westeuropa gilt, ist eine andere Geschichte.
Nur um zu sagen: Wir sind schon von der mittleren Sonnenzeit, an der sich unsere innere Uhr ausrichtet, ein ganzes Stück entfernt. Die Sommerzeit setzt da noch eine Stunde drauf. An diesem Wochenende bekommen wir sie zurück, die Zeit, die uns im Frühjahr genommen wurde. Im nächsten Frühjahr wird sie noch einmal abgezogen. Und wenn wir dann gefragt werden, ob es dabei bleiben soll, sind wir gut beraten, uns für die endgültige Rückkehr zur Winterzeit zu entscheiden.
Stephan Pesch