Mit dem neuerlichen Stromdebakel stellt sich die Frage: Ist es eigentlich noch zeitgemäß, die Stromversorgung des Landes in den Händen eines börsennotierten Unternehmens zu lassen? Das zumal noch am Tropf einer ausländischen, in diesem Fall französischen Muttergesellschaft hängt?
Die Antwort heißt: Nein. Natürlich nicht. Denn, wie deutlicher als Electrabel jetzt, könnte ein Unternehmen beweisen, dass es unfähig ist, der Aufgabe gerecht zu werden? Sieben Kernreaktoren werden von Electrabel in Belgien betrieben. Der Winter kommt, der Strombedarf steigt. Aber nur ein Reaktor soll Strom liefern. Wie kann das denn sein? Ist da irgendetwas von Verantwortungsbewusstsein zu spüren? Ein Gefühl für die Kunden, denen man sich verantwortlich fühlen sollte?
Nein, natürlich nicht. Sonst würde Electrabel ja auch etwas anderes machen. Bei Electrabel ist es aber wie bei jedem anderen börsennotierten Unternehmen auch: Es interessieren nur die Gewinne. Wie die gemacht werden, ist meist egal. Die Belgier, die möglicherweise ohne Strom im November dasitzen werden, sind Electrabel dann eben auch egal.
Leider scheint das eine Sicherheit zu sein.
Konsequenz: Electrabel muss die Stromversorgung entzogen werden. Doch wer sonst soll sich darum kümmern? Richtig: Der Staat.
Ujujujui, jaulen da sofort die Liberalen auf. Die Wirtschaftsliberalen, die Prediger der freien Marktwirtschaft. Die mächtigen Stimmen aus der EU-Kommission. Kommunismus, Verstaatlichung. Ganz rote Tücher!
Mag sein. Aber bitte: Was hat es denn gebracht, die Versorgung dem profitorientierten Markt zu überlassen, in diesem Fall Electrabel? Nicht nur, dass die Versorgung nicht sichergestellt ist. Auch die Preise für Energie wollen irgendwie nicht fallen - obwohl das auch immer wieder von den Predigern der freien Marktwirtschaft versprochen wurde. Der Markt wird es schon richten. Nein, tut er eben nicht.
Vielmehr sorgt er auch dafür, dass die Verantwortlichkeiten nicht mehr klar zu erkennen sind. Das Schwarze-Peter-Spiel, das sich Energieministerin Marghem und Electrabel in den vergangenen Tagen geliefert haben, ist ein trauriges Beispiel dafür.
Also: Stromversorgung muss zur Chefsache werden. Der Staat beziehungsweise die öffentliche Hand muss das übernehmen. Es ist eben falsch, alle Dinge der Grundversorgung privaten Unternehmen zu überlassen. Und Strom gehört heute unzweifelhaft zur Grundversorgung einer modernen Gesellschaft dazu.
Ist dann der Strom erstmal in der öffentlichen Hand, könnte das auch mit dem Atomausstieg in Belgien einfacher werden - wenn die Politik ihn überhaupt wirklich will. Wenn das der Fall wäre, bräuchte die Politik keine Rücksicht mehr zu nehmen auf irgendwelche Markt- oder aus Frankreich ferngesteuerte Gewinninteressen. Sie könnte dann ihr Ding durchziehen. Manchmal geht es einfacher, wenn man als Staat Dinge alleine macht.
Das alles wird natürlich nicht eintreten. Verstaatlichungen sind heute so verpönt wie nur irgendetwas. Und das nur, weil einmal die Staaten des real existierenden Kommunismus Ende der 1980er Jahre in sich zusammengefallen sind.
Seitdem rettet man lieber bankrotte Banken mit Steuergeldern und lässt im eigenen Land das Licht ausgehen. Wer nicht bereit ist, über Alternativen dazu nachzudenken, der darf sich nicht wundern, wenn das in Zukunft immer mal wieder passieren wird.
Kay Wagner
Guter Kommentar Herr Wagner. Nur wieviel würde so eine Verstaatlichung kosten ? Gibt es Zahlen ? Aber wäre so ein drastischer Schritt denn wirklich notwendig ? In Belgien gibt es ja genügend Spargeld. Könnte man die denn nicht mobilisieren indem man zum Beispiel eine Genossenschaft gründet, die dann die Kraftwerke betreibt. Wäre besser als eine staatliche Energieversorgung. Denn dann bestände stets die Gefahr einer Reprivatisierung. Und die bestände bei einer Genossenschaft nicht.
Die schlauen Westeuropäer werden sich noch wehklagend an all das fiese Bashing gegen die DDR erinnern, als überall in Westeuropa die Sektkorken knallten für jedes abgerissene Kombinat und jeden neuen arbeitslos gewordenen DDR-Arbeiter, jede dadurch vernichtete Existenz.
"Böhser Kommunismus! Geil-EU"
Klar ist der Kommunismus gescheitert, aber der Kapitalismus des Systems EU noch viel mehr der wahre Fauxpas der Menscheit. Jede Ideologie ob Rot, Braun oder Schwarz ist zum Scheitern verurteilt.
Vielleicht wäre der Vorschlag von Marcel Scholzen Eimerscheid für eine genossenschaftliche, also quasi eine halbstaatliche Gesellschaft, gar nicht so verkehrt. Konkret würde das bedeuten, belgische Stromnetze von den "Franzosen" befreien, europäisch verordnetes Ende der Kaputtprivatisierung der Bahn im Transitland Deutschland, Plegeheime, Sozialwohnungen, Schulen und Krankenhäuser vor Spekulanten schützen, Banken und Bürgerversicherungen genossenschaftlich in ethische Banken umbauen, Trinkwasser, Notdienste und Polizei nicht privatisieren. ÖSHZ, Arbeitslosen- und Sozialversicherung bleiben in öffentlicher Hand.
Am besten alles einheitlich auf EWR-Ebene zu beschließen wegen der Steuerschlupflöcher und Billiglöhne!
Danke für diesen Kommentar. Aber es geht auch um etwas Grundsätzliches. Der Atomausstieg wurde versprochen, und das bis zum Jahr 2025. Ich habe mir immer die Frage gestellt, wie man so blauäugig sein kann, und der Regierung das abkaufen kann. Ein teilweiser Ausstieg, ja. Aber bestimmt nicht komplett. Nicht in dieser kurzen Zeit. Es sind tausende Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen in den letzten Jahren installiert worden, aber deren Energieproduktion reicht noch immer nicht aus, um wenigstens die 2 anfälligsten Kernreaktoren still zulegen ??Das lässt für mich nur folgenden Schluss zu : entweder ist die Energiewende mittels alternativer Energien so nicht machbar oder die Energiekonzerne veräppeln Regierung und Endverbraucher . Ich vermute eher Letzteres.
Das Motto heute lautet allerorten : Gewinnmaximierung zugunsten der Aktionäre,
Steuervermeidung, horrende Profite in die Taschen der Führungsetagen auf Kosten der Arbeiter und Angestellten. Aber solange wir noch mit Ryanair fliegen und VW fahren, wird sich nichts ändern.
Jedem sollte klar sein das ein Stromausfall ab 2 Tagen zu Mord und Totschlag führt wie es sich keiner vorstellen kann.Es wird nichts mehr funktionieren,nicht mal ihre Klospülung(da kein Wasser mehr ankommt).Was werden sie machen wenn sie Hunger und Durst haben?Selbst Polizisten und Richter werden Plündern und wenndie Geschäfte leer sind wird es an ihrer Tür klopfen...
"Selbst Polizisten und Richter werden Plündern"
Soweit kommts noch .... Wir werden mit Hund, Taschenlampe und Kamera für den Fall der Fälle vors Haus gehen, damit man der Staatsanwaltschaft sofort Beweismittel in HD-Auflösung abliefern kann für evtl. Regressansprüche.