"Hätte man das verhindern können?" Die Frage steht für den Versuch, der Ohnmacht und Hilfslosigkeit etwas entgegensetzen zu können. Das gilt für das Beziehungsdrama von Moresnet-Chapelle wie noch vor einigen Wochen für das Attentat durch einen Freigänger in Lüttich.
"Hätte man das verhindern können?" Für viele trägt die Frage schon die Antwort in sich: "Natürlich hätte man das verhindern müssen, wo es doch Hinweise gab", heißt es im Umfeld. "Massive Drohungen" gegen die frühere Lebensgefährtin und ihre Familie, vom Ex-Partner, der gleich gegenüber wohnt. Wer das hätte verhindern können oder sollen, liegt auch auf der Hand: Polizei und Justiz, waren sie doch über die Situation informiert.
Auf Nachfrage hat uns die Staatsanwaltschaft in Verviers bestätigt, dass es mehrere Anzeigen gegen den späteren Angreifer gegeben habe. Und dass man diesen auch nachgegangen sei. Der Mann sei mehrmals von der Polizei vorgeladen worden. Nicht bestätigt wurde die Information, dass er nun wieder vorgeladen wurde und das womöglich ein Auslöser der Bluttat hätte sein können.
Jedenfalls wäre die Staatsanwaltschaft gut beraten, klarzustellen, was sie bisher unternommen hat. Dass sie solche Situationen ernst nimmt. Aber auch, welche Möglichkeiten sich ihr in diesem Fall geboten haben. Das würde zumindest verhindern, dass nur diejenigen gehört werden, die ihr eine Mitverantwortung unterstellen.
In Sachen Kommunikation lässt sich einiges verbessern: Es ist klar, dass nicht gleich nach der Tat alle Antworten auf dem Tisch liegen. Wenn aber eine Fehlinformation zirkuliert wie die zu einer schwer verletzten Person, die Staatsanwaltschaft das zur Kenntnis nimmt und trotz besseren Wissens das nur auf Nachfrage korrigiert, läuft etwas schief.
Umgekehrt sollten wir, die ein solches Drama berührt, die Behörden ihre Arbeit machen lassen. Anstatt in Schmerz, Wut oder Ärger loszupoltern gegen Polizei und Justiz. Und uns eine weitere Frage stellen: Wie mag es sich wohl anfühlen, in der Öffentlichkeit mitverantwortlich gemacht zu werden für eine solche Tat?
Stephan Pesch