Ja, Datenschutz ist wichtiger denn je und die Datenschutz-Grundverordnung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch, wenn sie viele Fragezeichen hinterlässt. Darf ein Profifotograf noch auf offener Straße Menschen fotografieren, ohne von jedem Abgebildeten eine Erlaubnis einzuholen? Darf ich die Daten auf einer Visitenkarte in der Kontaktdatenbank meines Unternehmens abspeichern? Darf ich eine an mich gerichtete E-Mail einfach so an einen Kollegen weiterleiten? Bisher alltägliche Vorgänge, die in den seltensten Fällen problematisch waren, aber jetzt von der Datenschutz-Grundverordnung betroffen sind.
Es ist gut, dass jeder ein Recht darauf hat, selbst zu bestimmen, wer welche persönlichen Daten zu welchem Zweck nutzt und die Nutzung auch verbieten kann. Doch an das eigentliche Übel im Umgang mit persönlichen Daten geht die Datenschutz-Grundverordnung nicht ran. Problematisch sind nicht lokale Adresslisten, auch wenn Werbung zuweilen nervt. Problematisch ist die systematische Analyse und Verwertung von Massen von persönlichen, zum Teil höchst intimen Daten. Big Data und Algorithmen kategorisieren einzelne Menschen inzwischen sehr zuverlässig. Ein paar Dutzend Google-Suchanfragen oder Klicks auf den Facebook-Like-Knopf reichen den Firmen, um einen Menschen mitunter besser zu kennen als der Lebenspartner. Und wir vertrauen diesen Firmen vieles an. Manches ist einzeln betrachtet belanglos. Aber die Kombination von scheinbaren Belanglosigkeiten schafft am Ende ein sehr scharfes Persönlichkeitsbild.
Das ist das Geschäftsmodell von Google, Facebook, Amazon und Co.: Herauszufinden, wer welche Interessen, Vorlieben, politische Einstellungen, Schwächen, Geheimnisse hat, um dieses Wissen auszubeuten. Denn auf Facebook teilen wir unser Leben nur beiläufig mit unseren Freunden. Wir teilen unser Leben in erster Linie mit Facebook. Man darf schon fast froh sein, wenn dieses Wissen nur dazu führt, dass wir das eine oder andere Produkt kaufen. Cambridge Analytica hat gezeigt, dass die Technik offenbar auch taugt, politische und gesellschaftliche Diskussionen in die eine oder andere Richtung zu manipulieren. Und die Datenkraken wissen genau, wer zu einer bestimmten Frage noch unentschlossen ist und auf welche Argumente er anspringt. Das Perfide: Der Nutzer selbst hat kaum eine Chance, überhaupt zu merken, dass ein bestimmter Post oder ein bestimmtes Suchergebnis nicht zufällig auf seinem Bildschirm erscheint, sondern, dass jemand mit eigenen Interessen dafür gezahlt hat, um den Nutzer gezielt zu manipulieren. Die Praxis hat schon bewiesen, dass es tatsächlich funktioniert.
Werbung für seine Sache und Diskussionen über strittige Themen wurden früher öffentlich ausgetragen. Wer mit seinen Argumenten über die Stränge schlug, wurde ebenso öffentlich in die Schranken verwiesen. Diese öffentliche Kontrolle fehlt in den Sozialen Medien völlig. Jeder sieht nur das, was er sehen soll. Social Media verbreitert nicht die Öffentlichkeit, sondern reduziert sie auf ein für jeden individuelles Wohlfühlmaß.
Schulkinder lernen: "Wissen ist Macht." Es ist höchste Zeit, den Satz fortzusetzen: "Je mehr jemand über Dich weiß, desto mehr Macht hat er über Dich." Wer seine Meinungsbildung in eigenen Händen halten will, der sollte nicht auf jeden Like-Button springen und generell seine Facebook-Nachrichten häufiger links liegen lassen. Der sollte sich, so oft es geht, bei Nutzerkonten abmelden, die Cookies aus seinem Browser löschen und häufiger mal gezielt verlässliche Informationsquellen ansteuern. Auf die neue Datenschutz-Grundverordnung darf er sich nicht verlassen. Das Geschäftsmodell der Datenkraken bleibt weitgehend verschont, weil der Nutzer zustimmt, dass undurchsichtige Algorithmen entscheiden, was er sieht und liest. Wenn ein Service scheinbar kostenlos ist, bezahlen Sie mit ihrem guten Namen, der hinter den Kulissen vielleicht gar nicht mal mehr so gut ist, wenn der Algorithmus Sie durchgenommen hat. Sie wissen es nur noch nicht.
Olivier Krickel
Diese neueste Inszenierung aus Brüssel dient mit Sicherheit kaum dem Datenschutz sondern nur Anwälten und Abmahnvereinen. Ob das so beabsichtigt war?
Wer immer sich hier als "Gesetzgeber" aufspielt, hat schlicht und ergreifend die Komplexität und die Dynamik in diesem Bereich übersehen und nur seine Inkompetenz unter Beweis gestellt. Die DSGVO ist ein sinnfreies Bürokratiemonster, wie es nur Eurokraten produzieren können. Mit Verwirrungen, Unsicherheiten und E-Mail-Fluten ist dem Datenschutz jedenfalls nicht geholfen.
Ich warte nun auf den großeuropäischen Wohlfahrtsausschuss für europäische Werte, EU-Normen und Gedankenhygiene, selbstverständlich von einer EU- Kommission kontrolliert.