"Vielleicht hätten wir ihm doch Schokoladenkuchen servieren sollen", wird sich der eine oder andere wohl gedacht haben. Den scheint Donald Trump ja geradezu abgöttisch zu lieben. Er selbst hat ja erzählt, dass er mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping das "schönste Stück Schokoladenkuchen, das Sie je gesehen haben" verspeist hat. Und danach waren die USA und China wieder "beste Freunde" - davon abgesehen, dass Amerika da gerade 59 Marschflugkörper auf Syrien abgefeuert hatte.
"Beste Freunde", wenn das mal die Europäer behaupten könnten... Lange Gesichter gab's vielmehr, erst bei der EU, dann auch bei der Nato. Im Gespräch mit EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker blieb der US-Präsident bei seiner Sicht in Sachen Klimawandel und drohte auch wieder mehr als nur zwischen den Zeilen mit Strafzöllen gegen insbesondere deutsche Importe. Kompromisslinien sind da offensichtlich nach wie vor keine in Sicht.
Und später bei der Nato hat Donald Trump dann - wie der Lehrer Lämpel - den ungezogenen Verbündeten die Leviten gelesen. Das ausgerechnet bei der Einweihung eines Mahnmals zum Gedenken an die Anschläge vom 11. September, das auch dem Nato-Beistandsartikel gewidmet ist. Diesen Artikel 5 hatten die USA seinerzeit aktiviert, zum ersten Mal in der Geschichte des Bündnisses. Und damals waren die Verbündeten dann auch an der Seite der Amerikaner in den Krieg in Afghanistan gezogen. Dass sich Trump beim Nato-Gipfel zu eben dieser Beistandsklausel nicht ausdrücklich bekannt hat, grenzt vor diesem Hintergrund - gelinde gesagt - an Geschichtsvergessenheit, geostrategische Fahrlässigkeit wäre wohl noch treffender.
Aber gut, so ist er nunmal, The Donald. Gerade zu beispielhaft war da die Szene, als er wie ein Eishockeyspieler den montenegrinischen Premier anging und wegschubste, nur, um auf dem Familienfoto im wahrsten Sinne des Wortes im Mittelpunkt zu stehen.
Beide Auftritte, bei EU und Nato, dürften den Europäern jedenfalls eins vor Augen geführt haben: Wenn der Mann auch vielleicht nicht mehr ganz so herumpoltert wie noch vor einigen Monaten, sein Weltbild hat sich dafür nicht einen Deut geändert. Es ist und bleibt das Weltbild eines selbstverliebten Egomanen, in dessen Nabel die ganze Welt reinpassen würde und der sein Heil in Protektionismus und Abschottung sucht.
Wie geht man jetzt damit um? Also bestimmt nicht, indem man sich vor Donald Trump demütig in den Staub wirft und versucht, ihm die Wünsche von den Lippen abzulesen. Auf das Spiel des rüpeligen Geschäftsmannes einzugehen, das würde nichts bringen, dafür ist er zu launisch, zu unberechenbar - dann erst recht würde sich ein Mann wie er, wie ein römischer Kaiser aufführen, der - je nach Laune - den Daumen hebt oder senkt.
Nein! Jetzt wird es vielmehr Zeit, endlich erwachsen zu werden! Denn, in gewisser Weise hat Donald Trump ja sogar recht: Wir Europäer haben uns tatsächlich viel zu lange auf den großen, transatlantischen Bruder verlassen. Und das hat Abhängigkeiten geschaffen, mit denen uns Donald Trump jetzt gnadenlos und brutal konfrontiert.
Ein Kontinent, der was auf sich hält, der darf und kann das auf Dauer nicht so stehen lassen. Das ist am Ende auch eine Frage des europäischen Selbstverständnisses. Man vergisst es viel zu oft: Die EU hat mehr Einwohner als die USA und Russland zusammen.
Ein Grund mehr, dass die Europäer ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, auch in militärischen Angelegenheiten: Eine wirklich gemeinsame EU-Verteidigungspolitik mit möglichst einheitlichen Standards, am besten organisiert wie ein Pool, der also die Rüstungsankäufe möglichst bündelt.
Dafür ist freilich erstmal auch ein Mentalitätswandel nötig. Eben, weil die Amerikaner immer ihre schützende Hand über Europa ausgebreitet haben, mag so mancher den Eindruck haben, dass es auch ohne Waffen geht. Schön, wär's! Aber, bis nicht alle Staaten ihre Waffen nachweislich eingeschmolzen haben, gilt das Motto: sicher ist sicher. Und, man mag es bedauern oder für unsinnig halten, aber an internationalen Verhandlungstischen gehen militärische und diplomatische Glaubwürdigkeit in der realpolitischen Praxis oft Hand in Hand.
Indem Donald Trump den Europäern ihre Grenzen aufzeigt, weist er ihnen zugleich - wahrscheinlich unfreiwillig - den Weg: Nur gemeinsam sind wir stark. Was in militärischen Dingen gilt, das gilt nämlich auch für die Wirtschaft: Welches Land könnte wohl alleine einer Großmacht wie den USA die Stirn bieten? Würden Wirtschaftsabkommen bilateral ausgehandelt, dann müsste sich früher oder später jeder dem großen Onkel Sam beugen. Wenn Donald Trump mit Strafzöllen droht, nicht nur Deutschland, auch den Belgiern, dann legt er sich im Moment immer noch gleich mit der ganzen EU an.
Ein wirklich geeintes Europa! Anderenfalls bleibt's dabei, dass man am Ende doch auf die Kraft von Schokoladenkuchen setzen muss...
Roger Pint - Bild: Achim Nelles/BRF
Wie fast immer bei dem Kommentar von Herrn Pint "Ja" und "Nein".
Kurz gesagt, haben Sie meiner Meinung nach Recht, wenn Trump der "Trumpf" für Europa ist, den hässlichen Nationalismus auszutauschen gegen Einigkeit - wie bereits ganz früher im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation mit Erfolg. Aber dann auch mit gerechter Lastenverteilung einschließlich Entlastung von DE und SE in der Zuwanderungspolitik mit europaweit einheitlichem Asyl-, Sozial- und Strafrecht!
Kritik an Herrn Pint meiner Meinung nach wenn es um die politischen Geschäfte der Amerikaner geht. Wir respektieren die Unabhängigkeit der USA. Konsequenterweise mischen wir uns nicht in die Politik unabhängiger Nationen ein. Vorschläge machen wie man Gerechtigkeit schaffen kann oder etwas gegen den Klimakollaps zusammen unternehmen kann geht selbstverständlich in Ordnung bzw. ist Bürgerpflicht.
Treffender Kommentar Roger Pint!
Aber die "Chance für Europa" wurde schon mehrfach im vergangenen halben Jahr herbeigeredet. Es wird Zeit, dass Taten folgen.
Ich wünschte mir zudem, dass diesem Präsidenten mit der versteinerten Maske einer Buldogge einmal jemand offen die Stirn bietet (wie Herrn Erdogan übrigens auch). Vielleicht muss man solchen Egomanen in ihrer eigenen Sprache Contra geben. Schlechter können die Beziehungen ohnehin nicht mehr werden.
Die erste Auslandsreise von Trump hat vor allem in Saudi Arabien und Brüssel verdeutlicht, dass dieses Amt für Trump nicht 1 sondern genau 3 Nummern zu groß ist: politisch, moralisch und intellektuell.
Von "make america great again" ist Trump weiter entfernt, als jeder Präsident vor ihm.
Wann wird Amerika und die Welt aus diesem Alptraum erwachen?
Ein lesenswerter Kommentar hierzu aktuell auf Spiegel-Online:
„Triumph der Scheinheiligkeit.“
Großartiger Kommentar, Herr Pint, sie sprechen mir ja so aus der Seele. Ich sehne mich nach einer klaren und gemeinsamen rigiden Haltung der EU gegenüber diesem Narzissten und Egomanen Donald Trump.
Irene Reinertz-Maraite
Trump ist das Salz in der Suppe dieses verlogenen Politik Einheitsbreis. Auch wenn er zugegeben ein Narzist und Egomane ist.
Nur, der gefeierte „Messias“ Obama ist auch ein Narzist und Egomane, der glaubt, die Welt drehe sich nur um ihn.
Die USA haben unter dem Friedensnobelpreistäger 26.171 Bomben allein im Jahre 2016 gezündet. Der Friedensnobelpreisträger hat den Nahen Osten und Teile Afrikas in Schutt und Asche gelegt. In seiner Amtszeit als US-Präsident hat Obama die Staatsverschuldung verdoppelt.
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@W.Radermacher
1. Wer behauptet, Obama sei der Messias ?
2. Trump ist wohl eher "eine Schande für die Demokratie und unsere Werte und vollkommen unfähig die USA zu regieren" (E. Thevissen/ZDF)
3. G.W.Busch trieb die USA nach 9/11 in den Krieg gegen die "Axe des Bösen" und verdoppelte damit die Staatsverschuldung der USA, obwohl er von B.Clinton einen gesunden Staatshaushalt und eine intakte Wirtschaft geerbt hatte.
4. B. Obama hat die Kriegsbeteiligung der USA im IRAK und Afghanistan substantiell zurück gefahren und die amerikanischen Truppen abgezogen.
5. Obama erbte von Bush eine desaströse Haushaltssituation und musste bei seinem Amtsantritt die Folgen der Immobilien- und Finanzkrise meistern. Ohne massive staatliche Intervention wäre es nicht nur in den USA wohl zu einem systemischen Kollaps gekommen.
6. Unter Obama wurden rund 14 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen und das Haushaltsdefizit um ein Billion Dollar gesenkt.
7. Trump bastelt sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Seine Anhänger offensichtlich auch.