"America first"! Mein Gott, hieß es denn nicht immer schon America first? Bereits bei den Grenzverschiebungen nach Mexiko hin, in den letzten Jahren des "Go West", dann in den Jahren des Isolationismus, und später im Kalten Krieg, als etwa die CIA mit belgischer Hilfe Patrice Lumumba im Kongo blutig ausschaltete oder für eine ganze Generation die USA mit der chilenischen Geheimpolizei und dem Folterstadion von Santiago verband, um nur einige Beispiele von der Durchsetzung amerikanischer Interessen zu nennen.
Präsident Nixon trat aus dem Goldstandard aus, um amerikanische monetäre Interessen abzusichern. Subtiler machte es später Bill Clinton, als er die Welt mit der Monica-Soap ablenkte, und gleichzeitig die globale Finanzkrise möglich machte. Schon vergessen?
Und war die pax americana nach der Zerschlagung Jugoslawiens nicht auch gleichzeitig eine Erniedrigung Westeuropas, das, wie der Zauberlehrling, die Geister, die es gerufen hatte, nicht mehr meisterte. Also: Trump, der erste mit "America first"?
Amerika sah sich schon immer als "first", schon deshalb weil es sich als "God's own country" definiert, Gottes eig'nem Land, das klingt soviel besser als "Gottesstaat". Haben Obama, Bush und ihre Vorgänger nicht auch auf die Bibel geschworen? Auf zwei Bibeln, die von Lincoln mitgerechnet.
Nein, das Besondere an Trump ist etwas anderes: Er verfügt weder über eine Hausmacht noch über eine Partei, noch über einen Kongress. Es ist genau umgekehrt! Die Säulen der republikanische Partei sind jetzt im Weißen Haus, die Israel-Lobby in Gestalt von Chefberater und Schwiegersohn Kushner, und die religiösen Fundamentalisten, die mit Mike Pence den Vizepräsidenten und potentiellen Nachfolger stellen dürfen. Who is Trump? Vermutlich schon jemand auf verlorenem Posten, was seine Antrittsrede erklären könnte, noch mal so richtig auf den Putz zu hauen, bevor der Kongress ihm zeigt, was Sache ist.
Dann leert man auch noch schnell den Köcher der Giftpfeile wie die Abkehr von der Gesundheitspolitik über die Pipeline durch Indianerland, bis hin zur ominösen Mauer. Entrüstung in Europa. Hier keine Mauern? Hier keine Zusammenarbeit mit einem modernen Sultan, von dessen präsidialer Machtfülle ein Trump nur träumen kann?
Lächerlich, dieses "Make America great again"? Wirklich? Europäisch-nüchterner hatte der Aufruf zum "Ruck" geklungen, der "durch Deutschland gehen" müsse. Kanzler Schröder sah in dem Spruch den Startschuss zur "Agenda 2010", womit er zum einen seine Partei gegen die Wand fuhr, und zum anderen Deutschland zum Exportmeister machte, die belgische Wirtschaft, als Trittbrettfahrerin der deutschen Wirtschaft, profitierte davon. "Germany first" hätte Schröder auch sagen können, die südeuropäischen Länder können ein Lied davon singen. Trump, nicht verlegen, nutzte es für eine seiner Bosheiten.
Martin Schulz soll es jetzt richten für die deutsche SPD, eine nicht ganz unproblematische begriffliche Verbindung zwischen Berlin und Brüssel.
Brüssel, das der deutschen Ausländermaut den Segen gab, oder soll man sagen, sich anbiederte. Die deutsche Regierung nahm jetzt die Mogelpackung nur allzu gerne an. Sie begünstigt die deutschen Autofahrer, ungeachtet der postfaktischen Schadstoffklassen im realen Fahrbetrieb auf der Straße.
Auf soviel alternativ-faktische Frechheit wäre nicht mal Donald Trump gekommen. Die Ausländermaut ist eine besonders hässliche Form von "Gemany first". Die Vorkämpfer der Euregio, und die Menschen, die sie mit Leben erfüllen, hätten Besseres verdient.
Frederik Schunck
Werter Frederik,
So sehr ich mich auch anstrengt habe, manche Kausalität bzw. politischen und historischen Zusammenhänge in deinem Kommentar nachzuvollziehen - was mir nur teilweise gelang - so wenig kann ich die Relativierung von Trumps Position und Positionen zwischen den Zeilen nachvollziehen. Auch wenn es Hitller schon einmal gegeben hat, wäre das Auftreten eines 2. Hitlers und vor allem dessen Wahl keine weniger große Katastrophe.
Die deutsche Maut ist verglichen mit Trumps menschenverachtender Politik nur eine Randnotiz aber ja, das Resultat der gleichen unbeherrschten Wahlkampfrhetorik sowie Macht- und Symbolpolitik, wie Trump sie in der ersten Woche seiner Amtszeit genüsslich zelebriert hat.
Bleibt zu hoffen, dass du mit deiner Einschätzung Recht behälst, dass Trump schon auf verlorenem Posten steht und von "Checks and Balances" bald schon eingefangen wird. Den Flurschaden, den er während seines Wahlkampfes und der 1. Woche im Weißen Haus angerichtet hat, ist jetzt schon gewaltig.
Gruß
Dieter Leonard