Der "president elect" dürfte gefährlich leben nach all seinen Versprechungen. Es gibt viel Waffen im sogenannten rustbelt der USA und die Erwartungen sind hoch. So kündigte er schon mal protektionistische Wirtschaftsmaßnahmen an.
Es sind nicht die einzigen Erwartungen, deren Nicht-Erfüllung gefährlich sein können: Fanatische Abtreibungsgegner haben in der Vergangenheit schon zu Waffen gegriffen - und denen hat er ja auch was versprochen.
Gefahr droht auch von radikalen Republikanern. Die dürften Blut geleckt haben, jetzt, wo der designierte Präsident und Hillary-Versteher ihnen nicht nur den Kongress verschafft hat, sondern auch einen Vizepräsidenten nach dem Geschmack der Hardliner. Es muss ja nicht gleich ein Anschlag sein, Impeachment-Verfahren haben auch ihren Reiz.
Der Show-und medienerprobte "president elect" setzt unterdessen seine Casting Show fort. Die Europäische Union bestärkt es darin, sich nach dem Barroso-Desaster der "Wertegemeinschaft" zu rühmen - wie peinlich, dass nach dem Wahlausgang der hehre Anspruch sich ausgerechnet als erstes militärisch äußerte, im Kreis der Verteidigungsminister.
Was für ein Bild gab die Union der Jugend, was für ein schlimmes Signal sandte sie aus: Wenn es politisch nicht weiter gehe, schon mal mit dem Bild einer Militarisierung der EU zu winken.
Keinesfalls mit einer Stärkung des sozialen Europas - frei vom Investierungsverbot des Fiskalpakts ist nur England, auch Trump kündigte gleich Investitionen in die Infrastruktur an, es ist die transatlantische angelsächsische Achse.
In Euroland nichts davon: Der scheidende US-Präsident hat die deutsche Kanzlerin geadelt, prompt kündigt ihr Finanzminister in Berlin an, an seinem Fetisch der schwarzen Null festzuhalten. Das wird Euroland einer weiteren Zerreißprobe aussetzen. Eine erste Retourkutsche gab es bereits: die Weigerung von Euro-geschädigten Staaten, bei der Verteilung der Flüchtlinge mitzumachen.
Das brachte die Kanzlerin dazu, unterstützt von der EU - Stichwort Wertegemeinschaft - sich ausgerechnet der Türkei auszuliefern. Dem türkischen Präsident steht die Tür zum Sultanat jetzt offen.
Die EU hätte es wissen können und müssen, wie es um die unheilsame Verquickung von AKP und Gülenbewegung stand. Selten war Satire so nah an Realsatire, wie jüngst in der ZDF Heute Show, als der Brüssel-Korrespondent den Moderator belehrte, Beitrittsgespräche, das heiße inzwischen wohl, ein Beitritt der EU zum Osmanischen Reich. Polen und Ungarn wiesen ja schon mal den Weg...
"Es gab doch keine Alternative zur Türkei", wird man einwenden. Doch, gab es wohl, etwa Jordanien, das so viele Flüchtlinge aufgenommen hat. Zudem hätte die EU Jordanien zu einem Aufschwung verhelfen können, wirtschaftlich, und zu einem Leuchtturm für einen europäisch gestützten arabischen Frühling. Verpasste Chance.
Jetzt stehen dort nur unsere Jagdbomber.
Frederik Schunck - Foto: Achim Nelles/BRF