In der "Sendung mit der Maus" oder für einen Crashkurs "Belgien für Anfänger" würde ich sagen: Stellen sie sich ein Spiegelei in einer Pfanne vor. Mit, in der Eiweiß-Landschaft, einem gelben Dotter. Der Dotter ist Brüssel, und je nachdem, wie das Messer geführt wird, landet der Dotter auf dem einen oder dem anderen Teller. Das war's schon.
Der Bezug zu BHV? Vor dem Schneiden bedarf es einer Schnittlinie: Mit einer Splitsing von BHV gibt es eine Schnittlinie, eine messerscharfe, ohne Splitsing wabbelt das Messer irgendwo im Eiweiß, und nix ist klar mit dem Dotter. Ersetzen wir das Wort Schnittlinie durch Sprachgrenze, und wir haben BHV verstanden.
Eric Van Rompuy, der bullige Bruder von Herman, sagte es klar heraus: Die Splitsing ist der letzte, aber notwendige Schritt, um die Sprachgrenze zu schließen. Das ist der Schlüssel zum Verständnis für ein Szenario, in dem es um die Aufteilung des Landes geht.
Aber zur Aufteilung muss es ja nicht kommen: Nach der RTBF-Fiktion "Bye Bye Belgium" wurde überdeutlich, dass das Gerede um die Trennung - bis hin zum Manifest des "Warande-Zirkels" eine geschickt aufgebaute Drohkulisse war, um den flämischen Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Denn viele flämische Entscheidungsträger wissen sehr wohl, dass eine Trennung nicht nur Vorteile hat, und vor allem, einen entscheidenden Nachteil: Um der Europäischen Union anzugehören, müsste eine Republik Flandern die europäische Minderheitencharta unterzeichnen, und dann hätten Frankophone mehr Rechte als jetzt, und das nicht nur im sogenannten Rand, sondern in ganz Flandern.
Soviel zum politischen Preis. Und Nettozahler wäre die Republik Flandern dann halt in der EU. Nein, der Traum ist, beides zu haben: Kirschen und Erdbeeren, sprich eine Art Flämische Republik in einem Königreich, ausgehöhlt wie ein Kürbis. Das erklärt auch den massiven Zuspruch der flämischen Bürger für Bart De Wever, der ja genau das verspricht.
Die Sache hat nur einen Haken: Die frankophone Seite hat sich, für Lateiner nicht verwunderlich, alles eine Kulturfrage, sofort einen Ausweichplan, einen Plan B zurechtgelegt, mit einer Brücke zwischen Namür und Brüssel, und die französische Gemeinschaft gleich entsprechend umgetauft. Die Bereitschaft zu einem Restbelgien ist seit 2007 auf erschreckende Weise gestiegen, und das nicht mal defätistisch, sondern zunehmend trotzig.
Schneller als Messi dribbeln kann, bekam die Drohkulisse des Südens in den letzten Tagen vor der Wahl einen Namen: Plan B., zuletzt am Morgen im Radio besonders forsch vorgetragen von Paul Magnette. Aber um diese Drohkulisse dauerhaft aufrecht zu erhalten, ist eine Verbindung zu Brüssel unerlässlich: schon deshalb werden sie sich gegen eine Splitsing ohne Wenn und Aber entschieden verweigern, und der Sprachgrenze eine irgendwie geartete Durchläsisgkeit sichern - denken Sie an die Pfanne mit dem Spiegelei - und sei diese Durchlässigkeit nur virtuell: durch kulturelle Unterstützung beispielsweise.
Denn im Brüsseler oder flämischen Rand ist Kulturaustausch längst nicht so unkompliziert wie in Ostbelgien, im Gegenteil, er ist inexistent, im Gegensatz zur Hauptstadt. Doch für viele Flamen und für die gesamte politische Klasse ist die messerscharfe Sprachgrenze fundamental - auch ohne Trennungsgelüste oder Trennungs-Szenario. Weshalb? um ein unantastbares und homogenes Territorium abzusichern: flämische Politiker und Juristen haben das Territorialrecht längst zu ihrer, ich hätte fast gesagt, Staatsdoktrin erhoben.
So ist die Lage: zwei Drohkulissen: zwei Fahrer in zwei Autos, die aufeinander zufahren, wer zuerst bremst, hat verloren. Weniger explosiv: Es droht eine Pattsituation, so lange beide Seiten Bluff-Poker spielen, oder so lange das Misstrauen zu groß bleibt. Wenn das zu lange dauert, dann entscheiden nicht mehr die Flamen und auch nicht die Frankophonen. Dann treten die Finanzmärkte auf den Plan. Für diese ist jeder Tag ein Wahltag. So ist das im globalisierten Kapitalismus.