"16 Jahre Haft für die Hauptangeklagten", titelt L'Avenir. "Terrorzelle von Verviers hatte schon 2015 Brüsseler Flughafen im Visier", schreiben sowohl De Standaard als auch La Libre Belgique. "Lächelnd ins Gefängnis", bemerkt De Morgen.
In Brüssel ist gestern der Prozess gegen die im Januar 2015 ausgehobene Terrorzelle von Verviers zu Ende gegangen. Nach Ansicht des Gerichts handelte es sich bei der Gruppe um den "ersten Wurf" der späteren Islamisten-Zelle, die die mörderischen Anschläge von Paris und Brüssel verübte. Kopf der Vervierser Zelle soll Abdelhamid Abaaoud gewesen sein. Der IS-Kämpfer, der bei einem Anti-Terror-Einsatz in Frankreich getötet worden war, soll die Gruppe von Griechenland aus per Telefon geleitet haben. In der Wohnung eines Komplizen in Athen fanden die Ermittler Skizzen des Flughafens Zaventem sowie die Zeichnung eines Gepäcktrolleys mit einer Kofferbombe. Möglicherweise hatten die Islamisten den Brussels Airport bereits Anfang 2015 im Visier, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung.
Wie De Morgen berichtet, haben die drei Hauptangeklagten den Gerichtssaal mit einem Lächeln im Gesicht verlassen. Frei nach dem Motto: "Nur 16 Jahre Haft? Wir hatten mit mehr gerechnet". Die weiteren 13 Angeklagten erhielten Haftstrafen von zweieinhalb bis acht Jahren. Darunter sind neun Männer, die in Abwesenheit verurteilt wurden. Sie werden in Syrien vermutet.
Haushaltsloch und Ärztequoten
De Morgen befasst sich mit dem wachsenden Haushaltsloch. Weil die Steuereinnahmen hinter den Erwartungen zurückbleiben, könnte sich der Fehlbetrag auf bis zu zwei Milliarden Euro belaufen. Auf die Föderalregierung kommt in den nächsten Wochen eine komplizierte Aufgabe zu. Dazu meint Het Laatste Nieuws: Die Mitte-Rechts-Regierung wäscht wieder mal ihre Hände in Unschuld. Für die schlechten Haushaltszahlen ist nicht sie verantwortlich, sondern die Terrorgefahr, der Konjunkturdämpfer durch die Brüsseler Anschläge und jetzt auch noch der Brexit. Ausgerechnet Finanzminister Johan Van Overtveldt (N-VA), der in seinem früheren Leben als Journalist immer wieder die leichtsinnige Haushaltsplanung der Vorgänger-Regierung von Elio Di Rupo kritisiert hatte, hat jetzt ein ähnliches Problem an der Backe, konstatiert das Blatt.
Le Soir kommt auf die Polemik der Ärztezulassungen zurück, die seit gestern tobt. Rik Torfs, der Rektor der Universität Löwen, hatte die Spaltung der Sozialen Sicherheit gefordert, falls der Verteilerschlüssel für die Medizinerquoten nicht zugunsten der Flamen verbessert würde. In der Wallonie sind jahrelang zu viele Ärzte zugelassen worden. Erst seit diesem Jahr werden an frankophonen Unis Zulassungsprüfungen durchgeführt, die in Flandern bereits seit langem üblich sind. Le Soir hält die Polemik für einen gemeinschaftspolitischen Sturm im Wasserglas: Die Fehlentwicklungen in der Französischen Gemeinschaft wurden korrigiert. Auf den neuen Verteilerschlüssel für die genaue Anzahl der Zulassungen von Ärzten pro Sprachenregion haben sich Gesundheitsexperten verständigt. Das sollte auch Herr Torfs akzeptieren. Dem pflichtet Het Belang van Limburg bei. Im Mittelpunkt sollte die bestmögliche Gesundheitsversorgung in Belgien stehen. In einem erwachsenen Föderalstaat sollte es möglich sein, Finanzmittel, Quoten oder was auch immer gerecht zu verteilen. Will heißen: Den jeweiligen Bedürfnissen der Landesteile entsprechend und nicht blind nach dem Prinzip des starren, historischen Verteilerschlüssels 60/40. Mal würde die Wallonie profitieren, mal wäre es Flandern.
Kinderarmut und UCL auf Expansionskurs
"Die Kinderarmut in Flandern wird nicht sinken", bemerkt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. Zu diesem Schluss kommt die Uni Antwerpen in einer neuen Studie. Hintergrund ist die geplante Reform des Kindergelds in Flandern. Demnach erhalten flämische Eltern ab 2019 den gleichen Betrag für jedes Kind – nämlich 160 Euro. Nach Ansicht der Wissenschaftler werden 70 Prozent der Familien im Norden des Landes künftig unterm Strich weniger Kindergeld erhalten. Das gilt vor allem für Familien mit drei Kindern und mehr. Dazu schreibt Het Nieuwsblad: Die zuständige flämische Ministerin Liesbeth Homans (N-VA) will dank der Reform die Kinderarmut bis 2020 halbieren. Das Blatt hält dieses Vorhaben für viel zu optimistisch.
La Libre Belgique berichtet über die geplante Fusion zwischen der Katholischen Universität Neu-Löwen und der Brüsseler Universität Saint-Louis. Durch die Zusammenlegung würde die UCL ihre Spitzenposition im Süden des Landes ausbauen und künftig knapp 35.000 Studenten zählen – sehr zum Leidwesen der Freien Universität Brüssel ULB.
Knapper Etappensieg und "unser" Halbfinale
Het Nieuwsblad blickt auf den Sport: Knapper hätte die längste Etappe der Tour de France nicht ausgehen können. Tagessieger Marcel Kittel hatte gerade einmal 2,8 Zentimeter Vorsprung auf seinen Verfolger. Gazet van Antwerpen schaut auf das erste Halbfinale bei der Fußball-EM. Heute Abend trifft Wales auf Portugal. "Das hätte unser Halbfinale werden sollen", schreibt die Zeitung. Doch leider sind die Roten Teufel ausgeschieden.
AKn - Bild: Nicolas Lambert/BELGA