Es ist nicht leicht, nein, es ist sogar nicht möglich nach den schrecklichen Ereignissen von vergangenem Dienstag zur Tagesordnung überzugehen. Auch nicht im Kulturleben. Aber soll man auf Konzerte, Museumsbesuche, Theater- oder Opernaufführungen ganz verzichten? Gewiss nicht, und so entschied sich La Monnaie die Premiere von "Béatrice et Bénedict" von Hector Berlioz termingerecht aufzuführen. Sicher gab es strenge Eingangskontrollen, für die jeder Besucher mehr als Verständnis zeigte und während der Premiere am Donnerstagabend waren die Hubschrauber, die zu diesen Stunden über Brüssel kreisten, deutlich zu hören.
Ebenso gewiss gingen die Gedanken von vielen Premierenbesucher an diesem Abend an die Toten und Verletzen der Anschläge in Zaventem und in der Metrostation Maelbeek. Die gemeinsame Schweigeminute war diesmal nicht nur angebracht, sondern ein besonders verbindender und intensiver Moment. Dann hob sich der Vorhang zu "Béatrice et Bénedict", eine Oper, die Hector Berlioz nach der Shakespeare-Komödie "Much ado about nothing" ("Viel Lärm um nichts") komponierte.
Es geht in dieser Oper an und für sich um zwei Liebespaare, zum einen Claudio und Hero, die sich offen und fröhlich zu ihrer Liebe bekennen, und andererseits Béatrice und Bénedict, die zu ihrem Liebesglück ein wenig gedrängt werden müssen. Aber letztendlich soll das Ganze zumindest bei Berlioz in einer Doppelhochzeit enden.
Regisseur Richard Brunel hat aber die Oper ziemlich auf den Kopf gestellt. Zunächst hat er zahlreiche Dialoge hinzu geschrieben, zum anderen gibt es am Schluss bei ihm keine Doppelhochzeit. Außerdem macht er zum Beispiel aus dem Kapellmeister Somarone, der bei Berlioz eher ein etwas tumber Schelm ist, eine Jago-ähnliche Figur. Insgesamt verleiht Brunel der vielleicht etwas zu leichten Komödie eine ernstere Note. Dafür muss er sogar einige Szenen umstellen.
Bemerkenswert ist die Leistung von Orchester, Chor und Solisten. Wenn man der Tatsache Rechnung trägt, dass auf die Generalprobe komplett verzichtet werden musste, kann man das Ergebnis nicht hoch genug loben. Aufgrund der zahlreichen Aufführungstermine, bis nächste Woche Mittwoch noch sieben Mal, gibt es eine Doppelbesetzung.
Am Premierenabend waren es vor allem die Frauenrollen, die zu glänzen wussten: Stéphanie d'Oustrac sang und spielte grandios die sehr kapriziöse Béatrice, Anne-Catherine Gillet spielte sehr fein und stimmlich absolut überzeugend die Rolle der Hero - übrigens singt Sophie Karthäuser mit ihr im Wechsel diese Partie. Und nicht zuletzt ist Eve-Maud Hubeaux eine großartige Ursule. Das wunderschöne Duett zwischen Hero und Ursule ist von beglückender Schönheit und Sensibilität.

Das Orchester versteht es die alles anderen als idealen Bedingungen in dem improvisierten Orchestergraben vergessen zu lassen. Dass die Sänger ganz leicht verstärkt werden, ist kaum wahrzunehmen. Auch dies eine Meisterleistung der Tontechniker der Monnaie.
Überhaupt kann man den Palais Monnaie, wie das 1.100 Besucher fassende Konzertzelt genannt wird, nur als eine technische Meisterleistung bezeichnen. Einmal im Foyer angekommen, vergisst man sogleich dass es sich hier um ein Provisorium handelt, das in gerade mal drei Monaten erbaut wurde. Mit sehr viel Geschmack ist das Ganze eingerichtet. Man darf auf die weiteren Produktionen im Palais Monnaie gespannt sein.
Hans Reul - Bilder: Bernd Uhlig/Aurore Belot (belga)