Bevor er in den USA überhaupt legal Alkohol trinken durfte, hatte Justin Bieber als Popstar fast alles erreicht: Millionen verkaufte Alben, etliche Preise, zwei Doku-Filme. Irgendwann musste die Seifenblase um den kanadischen Teenie-Star platzen. Und das ist sie dann auch. Doch nach seinem Absturz vom hohen Pop-Olymp meldet sich Bieber zurück - mit frischer Lebensphilosophie, neuen Tattoos und einem vierten Studioalbum. "Jetzt versuche ich nicht mehr etwas zu sein, was ich nicht bin", sagte der 21-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. "Ich will nur gute Musik machen und Spaß haben."
Das scheint sich für Bieber bereits ausgezahlt zu haben. "What do you mean?", die erste Single des neuen Albums "Purpose", das am Freitag erscheint, schoss im August in den USA auf Platz Eins der Charts - das erste Mal für eine Single von Bieber. Mit einer neuen Mischung aus Elektro-Pop und R&B will Bieber zeigen, dass er dem Teenie-Pop entwachsen ist. Für den Sound des Albums sind unter anderem das DJ-Duo Skrillex and Diplo verantwortlich, die auch schon hinter der Single "Where are Ü now" steckten. Das neue Album mache Spaß, "man kann es einfach genießen und muss nicht zu viel nachdenken", sagt Bieber. Drei Lieder sind bisher erschienen - um das restliche Album macht die Plattenfirma ein großes Geheimnis.
Kinderstar, Rebell - mit dem ersten Studioalbum seit 2012 muss sich das Jungtalent nun beweisen. Durch YouTube-Videos, in denen er als kleiner Junge auf der Straße mit Gitarrenliedern Passanten in seinen Bann zog, wurde der in der Provinz Ontario geborene Sänger entdeckt. Unter anderem R&B-Künstler Usher verhalf ihm zu einer steilen Karriere. Millionen von Teenager rund um die Welt waren von Pophits wie "Baby" und "One less lonely girl" begeistert. Bis heute hat er wohl knapp 15 Millionen Alben verkauft.
Doch Britney Spears, Miley Cyrus und Co. machten es vor: Irgendwann wird der Ruhm für junge Stars zu viel, das Image als Popsternchen muss weg. "Natürlich gibt es einige Dinge, auf die ich nicht stolz bin", sagt Bieber. Damit meint er womöglich seine Festnahme nach einer betrunkenen Spritztour in einem Sportwagen in Miami. Oder die Bewährungsstrafe, die er für das Bewerfen eines Nachbarhauses mit Eiern bekam. Auch seine Beziehung zu Sängerin und Schauspielerin Selena Gomez ging in dieser Zeit in die Brüche. Immer öfter zeigte er sich Presse oder Fans gegenüber hitzig. "Manchmal komme ich unhöflich rüber, weil ich so viel Passion habe - aber daran arbeite ich."
"Ich blicke darauf nicht als schlechte Phase zurück, sondern als Lernprozess", erklärt Bieber. Zudem sei es für andere Menschen positiv, wenn sie sähen, dass er wie jeder andere schwierige Zeiten durchmache. Auch sein Liebeskummer hatte demnach Vorteile. "Herzschmerz ist gut für Alben", sagt Bieber. Beziehungen seien für seine Musik eine große Quelle der Inspiration.
Seine Fans - "Belieber" genannt - sind ihm durch die Achterbahnfahrt der letzten Jahre treu geblieben. "Sie haben mich nicht verlassen, als ich mich quasi selbst verlassen habe", sagt der Kanadier. Als zwei amerikanische Discounterketten Biebers "Purpose" und das neue Album von One Direction, das zufällig ebenfalls am Freitag erscheint, eine Woche zu früh in ihr Sortiment aufnahmen, beschützten Bieber-Fans ihr Idol. Mit dem Hashtag #NoPlayPurposeandMITAM riefen sie auf Twitter dazu auf, das Album nicht vor dem vorgesehenen Datum anzuhören und zu verbreiten.
Der Musiker weiß, was ein solches Following in den Sozialen Medien für seinen Erfolg bedeutet. Den Hype um das neue Album kurbelte er dort im Vorfeld ordentlich an: Seinen über 43 Millionen Fans auf Instagram zeigte er Bilder von Stars wie Kendall Jenner, Chris Martin und Ed Sheeran, die vor der Veröffentlichung für die erste Single-Auskopplung warben. Auch lud er Fotos der Songnamen seines neuen Albums hoch, die als Graffiti auf Häuserwänden und Mauern in 18 Städten gesprüht worden waren.
"Ich bin aufgeregt, ich bin nervös, ich habe das Gefühl, dass ich bereit bin." Mit seinem vierten Album will Bieber endlich einen Grammy gewinnen. Das Mikrofon will er noch lange nicht aufgeben. "Ich werde mir jetzt weiter neue Ziele setzen, ich will ehrgeizig und fokussiert sein." Und Hollywood ruft bereits: Bieber ist im nächsten Jahr an der Seite von Ben Stiller in der Fortsetzung der Komödie "Zoolander" zu sehen. Der Beginn einer Schauspielkarriere? Um in diese Welt einzutauchen, müsse er noch etwas erwachsener werden, gibt er zu.
Von Gioia Forster, dpa/ar/sr - Cover: Universal Music