Joe Cocker begann seine internationale Karriere mit einem gewaltigen Urschrei. Den gab der britische Sänger 1968 im Song "With A Little Help From My Friends" von sich. Ein vokaler Kraftakt, der in die Geschichte der Musikwelt einging. Die Single kam in Großbritannien bis auf Platz Eins der Hitparade und wurde auch in vielen anderen Ländern zum Hit.
Der Originalsong, ein Jahr zuvor von den "Beatles" auf ihrem berühmten "Sgt. Pepper's"-Album veröffentlicht, wurde lange nicht so berühmt und kommerziell erfolgreich, wie die Version von Joe Cocker. Die Chefs der Schallplattenfirma, die Joe Cocker damals unter Vertrag genommen hatten, waren von ihrem neuen Künstler sehr überzeugt, denn sie steckten viel Geld in Cockers Debütalbum, das wie die Single "With A Little Help From My Friends" hieß.
Viele berühmte Künstler waren für die Aufnahmearbeit als Gastmusiker engagiert worden. Darunter Steve Winwood oder Jimmy Page, zwei Musiker, die man heute mit Bands wie "Yardbirds", "Led Zeppelin", "Traffic" oder "Spencer Davis Group" in Verbindung bringt.
Woodstock
Nachdem Joe Cockers Erfolg in Europa alle Erwartungen übertroffen hatte, schickte man den 24-jährigen Sänger 1969 in die USA, wo er auch das amerikanische Publikum für sich gewinnen sollte. Während seiner US-Tournee war ein Auftritt beim legendären "Woodstock Festival" eingeplant. Am frühen Nachmittag des 17. August - es war ein Sonntag und der dritte Tag des Festivals - betrat Joe Cocker mit seiner Begleitgruppe, der "Grease Band", die Bühne.
Knapp 90 Minuten dauerte der Auftritt, dann setzte ein so heftiges Gewitter ein, dass die gesamte Veranstaltung für drei Stunden unterbrochen werden musste. Doch Joe Cocker hatte seinen Auftritt optimal nutzen können. Mit seiner kraftvollen Reibeisenstimme, seiner etwas ungelenk wirkenden Bühnengestik und seinem berühmten Urschrei hatte er das Publikum begeistern und sich als eine der Hauptattraktionen des Festivals erweisen können.
Doch nicht nur das. Während seines Aufenthaltes in den USA wurde der Musiker aus England in verschiedene TV-Sendungen eingeladen. Auch in der populären Ed Sullivan-Show trat er auf. Cocker konnte sich Millionen von Fernsehzuschauern in den USA präsentieren. Der Mann aus Sheffield war auf dem Weg zum Weltstar.
Für den jungen Mann, der in der mittelenglischen Industriestadt Sheffield in einfachen Verhältnissen aufgewachsen war, ging ein langgehegter Traum in Erfüllung. Schon mit zwölf Jahren hatte er in der Skiffle-Band seines älteren Bruders Victor seinen ersten Auftritt gehabt. Mit sechzehn hatte Joe Cocker dann seine eigene Gruppe, die "Cavaliers", gegründet. Tagsüber absolvierte der Teenager damals eine Lehre als Gas-Installateur, abends stand er mit seiner Band auf der Bühne.
1964 hatte er endlich seine erste Single aufgenommen. "I'll Cry Instead" war die Coverversion eines "Beatles"-Songs. Doch das Stück brachte ihm nicht den erhofften Durchbruch. Auch sein nächstes Projekt, "Vance Arnold and the Avengers", war nicht von Erfolg gekrönt. Das Blatt sollte sich jedoch wenden, als Joe Cocker in die Musikmetropole London ging und 1968, mit einem professionellen Management und neuen Musikern, seine erste Langspielplatte aufnahm.
Am Ende seiner Kräfte
Durch den großen Erfolg des Albums "With A Little Help From My Friends" und die anschließenden erfolgreichen Konzerte angespornt, gerieten Joe Cockers Manager mehr und mehr in Goldgräberstimmung. Während der Sänger dringend eine Pause gebraucht hätte, hetzten sie ihn weltweit von Auftritt zu Auftritt. Eine Schallplattenaufnahme reihte sich an die nächste. Da Cocker vertraglich gebunden war, musste er alle Termine wahrnehmen.
Von 1968 bis 1976 wurde Cocker regelrecht verheizt. Joe Cocker war schließlich am Ende seiner Kräfte. Er wurde depressiv und betäubte sich und seine Probleme immer öfter mit Alkohol und Drogen. Zwar war er mit Alben wie "I Can Stand A Little Rain" und mit Singles wie "You Are So Beautiful" immer noch sehr erfolgreich, doch auf der Konzertbühne war der ständig alkoholisierte Sänger kaum noch zu ertragen. Joe Cockers Karriere befand sich im freien Fall.
Der Musikmanager Michael Lang wurde zum rettenden Schutzengel für Joe Cocker. Er nahm den Musiker unter seine Fittiche und wagte mit ihm einen Neustart. Zur Bedingung hatte er allerdings absolute Drogen- und Alkoholabstinenz gemacht. Cocker bewies Willensstärke und schaffte es, sein Leben und seine Laufbahn wieder in den Griff zu bekommen. Erfolgreiche Tourneen waren der Anfang, die Single "Up Where We Belong", die er gemeinsam mit Jennifer Warnes aufgenommen hatte, markierte 1982 den endgültigen Wendepunkt. Seitdem mischt Joe Cocker wieder in der ersten Reihe der internationalen Musikerriege mit und veröffentlicht in regelmäßigen Abständen neue Alben.
Joe Cocker lebt seit 1978 in Kalifornien. Dort wohnt Joe Cocker mit seiner Frau, mit der er seit 1987 verheiratet ist, auf einer Farm. Über seine kraftvolle Stimme verfügt Joe Cocker auch im Rentenalter noch. Und auch für seinen markanten Urschrei hat der Sänger noch genügend Luft, wie er 2013 bei seiner "Fire It Up"-Tournee wieder einmal unter Beweis stellen konnte.
Bild: Angelika Warmuth/AFP