Wenn von den bedeutenden Dirigenten der letzten Jahrzehnte die Rede ist, dann denkt jeder Musikfreund gleich an Claudio Abbado. Zurecht. Wie nur wenige hat er mit seinen Aufnahmen, Konzerten und Operndirigaten die internationale Musikszene geprägt. Dabei war Claudio Abbado alles andere als ein dirigierender Selbstdarsteller, der sich in den Vordergrund rückte. Nein, er galt als der geduldige Zuhörer und Perfektionist unter den Dirigenten, aber auch als einer, der keine Kompromisse einging.
Claudio Abbado wurde 1933 in Mailand geboren. Die Liebe zur Musik, wurde ihm in die Wiege gelegt: Sein Vater war Violinist und Musiklehrer und seine Mutter Klavierlehrerin und Kinderbuchautorin. Ein Schlüsselerlebnis für den damals siebenjährigen Claudio Abbado war ein Konzert in der Mailänder Scala. Da hörte er zum ersten Mal die "Nocturnes"von Claude Debussy. Er sagte: " Diese Musik hat mich sofort verzaubert. Von da an wusste ich: Das möchte ich einmal machen!“
Mit 16 Jahren begann er in seiner Heimatstadt Mailand ein Studium in den Fächern Klavier, Komposition, Harmonielehre, Kontrapunkt und später erst Orchesterleitung. Außerdem studierte er in diesen jungen Jahren intensiv Literatur.
1953, mit 20 Jahren, schloss er sein Studium in Mailand ab und tourte mit verschiedenen Kammermusikensembles. Dies bildete die Grundlage für sein späteres Musizieren. "Es ist wie ein Gespräch, bei dem man nicht nur aufmerksam lauscht, sondern auf den anderen eingeht und versucht, auch das Unausgesprochene, Gefühle und Gedanken zu erfassen."
Bis 1986 Musikdirektor der Scala
1960 debütierte Claudio Abbado an der Scala in seiner Heimatstadt Mailand und war bis 1986 Musikdirektor dieses Hauses. Von 1983 bis 1986 war er in gleicher Funktion beim London Symphony Orchestra tätig. Die Wiener Philharmoniker leitete er 1965 zum ersten Mal, war von 1986 bis 1991 Musikdirektor der Wiener Staatsoper und wurde 1987 Generalmusikdirektor der Stadt Wien. 1988 rief er das Festival "Wien Modern" ins Leben. Gemeinsam mit dem Pianisten Maurizo Pollini und dem Komponisten Luigi Nono engagierte er sich für die zeitgenössische Musik und brachte sie einem größerem Publikum näher.
1989 wurde Abbado nach dem Tod Karajans von den Berliner Philharmonikern zum ständigen Dirigenten und künstlerischen Leiter ernannt, eine Position, die er bis 2002 innehatte. Claudio Abbado war der Nachfolger und doch auch der Antipode Karajans. So wollte Abbado nie Maestro genannt werden.
Im Laufe seiner langen Karriere hat Abbado wirklich alle bedeutenden Orchester dirigiert und ihm lag der Nachwuchs stets ganz besonders am Herzen. So gründete er das Jugendorchester der Europäischen Gemeinschaft und das Gustav Mahler Jugendorchester. Außerdem war er künstlerischer Leiter des Chamber Orchestra of Europe sowie Gründer und Chefdirigent des Lucerne Festival Orchestra.
Abbado pflegte das große Repertoire, hat mustergültige Aufnahmen vorgelegt, die unser Bild von Komponisten wie Beethoven, Mozart, Mahler, Debussy oder auch italienischer Opernmeister maßgeblich geprägt haben und ihn auch über den Tod hinaus unsterblich machen.
Archivbild: Urs Flueeler (epa)