Wie in Lüttich gespielt und gesungen wurde - dazu eine Premierenkritik von BRF-Musikredakteur Hans Reul:
Auf eines kann man sich bei den Produktionen der Königlichen Oper der Wallonie verlassen: Es wird in Lüttich fast immer auf höchstem Niveau gesungen. Operndirektor Stefano Mazzonis versteht es - zumindest das italienische Repertoire betreffend - stets hervorragende Stimmen zu engagieren. Dies ist auch zum Auftakt der neuen Saison wieder der Fall.
Mit Attila steht eine weniger bekannte Oper von Giuseppe Verdi auf dem Programm. Tatsächlich ist es ist auch nicht Verdis Meisterwerk. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Konflikt zwischen Hunnen und Römern. Die Geschichte spielt im 5. Jahrhundert. Dass Attila, der Hunnenkönig, den germanischen Gott Wodan anbetet, ist nur eine der Ungereimtheiten des Librettos. Attila ist eine Geschichte unter Kämpfern, fünf der nur sechs Protagonisten sind dann auch Männer, nur eine Frauenrolle sieht Verdi vor, jene der Odabella, die letztendlich Attila töten und damit ihren Vater rächen wird. So weit so gut.
Verdi erzählt dies als traditionelle Nummernoper, und so inszeniert Ruggiero Raimondi auch das Werk. Raimondi war gewiss einer der besten Vertreter des Baritonfachs überhaupt. Er hat mit allen großen Dirigenten zusammengearbeitet, und seine Schallplattenaufnahmen haben immer noch Referenzcharakter. Ob Raimondi ein großer Regisseur ist, das sei allerdings dahingestellt. Er lässt Bilder folgen, ohne groß eine dramaturgische Idee zu vermitteln. Das kommt andererseits den Sängern entgegen. Sie dürfen meist an der Rampe zum Publikum gewandt ihre Arien auf sehr beeindruckende Art vortragen.
Michele Pertrussi glänzt mit kräftiger und farbenreicher Stimme als Attila, ebenso überzeugend sind Giovanni Meoni als Ezio und Giuseppe Gipali als Foresto. Kleine Abstriche gilt es bei Makvala Aspanidze zu machen. Die georgische Sopranistin verfügt über eine raumgreifende Stimme, vor allem in der Mittellage weiß sie schöne Momente zu gestalten, allerdings übertreibt sie es manchmal mit der Lautstärke - das ist mehr Stimmkraft als Stimmqualität.
Beeindruckend war die Leistung des Chores, der in dieser Oper sehr gefordert ist, und das Orchester spielte ohne Fehl und Tadel. Zum ersten Mal dirigierte Renato Polumbo in Lüttich, und lieferte eine solide aber wenig inspirierte Interpretation, da hätte der Chefdirigent des Hauses Paolo Arrivabeni sicher mehr Feinheiten und dramatische Sequenzen aus dem Orchestergraben erklingen lassen. Nicht unerwähnt soll das Bühnenbild bleiben. Hier nutzt das Team um Ruggiero Raimondi alle Möglichkeiten der renovierten Bühnentechnik aus. Das ist optisch beeindruckend, aber erscheint manchmal ein bisschen als l'Art pour l'art.
Insgesamt bleibt die Oper Lüttich ihrer Linie treu und bietet tolle Stimmen in einer eher konventionellen Inszenierung.
Bis Samstag steht Attila noch auf dem Spielplan der Königlichen Oper der Wallonie.
hr