Rock- und Schlagersänger Johnny Hallyday wird seit drei Generationen angehimmelt und gefeiert. Schweißüberströmt mit Goldkettchen, Sonnenbrille und Gitarre auf der Bühne: Er hat den Rock auf Französisch interpretiert. Seine Mega-Stadion-Konzerte sind legendär. Der Altrocker feiert an diesem Samstag (15. Juni) seinen 70. Geburtstag.
Jean-Philippe Smet, so sein bürgerlicher Name, wurde als Sohn eines belgischen Schauspielers und Tänzers in Paris geboren.
Der Vater verließ die Familie, als Hallyday acht Monate alt war. Die Mutter, Huguette-Eugénie Clerc aus Paris, arbeitete und hatte keine Zeit für ihn. So wuchs er bei ihrer Schwester auf, die mit ihren Töchtern und dem knapp einjährigen Johnny ab 1944 auf Tanztournee ging. Die Gruppe nannte sich "The Hallydays".
Hallyday ist ein Phänomen. Auf der Liste der Musik-Ikonen steht er ganz oben, gleich neben Edith Piaf. Im Jahr 2000 feierte er mit mehr als einer halben Million Zuschauern auf dem Marsfeld sein 40-jähriges Bühnenjubiläum mit einem Gratiskonzert. Zu seinem 70. Geburtstag geht er auf Tournee, auf der er Lieder aus seinem jüngsten Album "L'attente" vorstellt. Sein letzter Konzertmarathon ging vor knapp einem halben Jahr zu Ende.
Mit mehr als 100 Millionen Alben hat sich der Rocker ein Vermögen ersungen. Im Jahr 2006 versuchte er die belgische Staatsbürgerschaft zu bekommen, um Steuern zu sparen. Als das nicht klappte, verlegte er seinen Wohnsitz in die Schweiz - vorübergehend. Sobald sich die Steuergesetzgebung in Frankreich bessern würde, käme er wieder zurück, erklärte er. Zu dieser Zeit war Jacques Chirac Staatspräsident, ein Fan von Johnny, mit dem er regelmäßig dinierte. Auch Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ist ein Freund des Sängers.
Elvis Presley
Seine Vorbilder sind der US-amerikanische Rock 'n' Roll und Elvis Presley, der stets sein Idol blieb. Hallyday war in Frankreich, was in Amerika in den 70er Jahren die Beatles und Presley waren: Die Verkörperung eines neuen Lebensgefühls, des Drangs nach Freiheit. Hallyday hat sich wie ein Chamäleon den verschiedenen Trends angepasst und sie in seine Musik integriert: Dem Rock'n Roll folgten Country, Psychedelisches, Techno oder Hip-Hop. Er arbeitete mit großen Pop-Stars wie Jon Bon Jovi und Patrick Bruel zusammen. Mit Songs wie "Quelque chose de Tennessee", "Oh, ma jolie Sarah" oder "Je t'aime" schwankt er zwischen Joe Cocker, Elvis Presley und Georges Brassens.
Mehrere Scheidungen, Selbstmordversuch, Alkohol- und Drogenprobleme, Vorwurf von Vergewaltigung: Seine Beliebtheit hat dennoch nie Schaden genommen. Anfang des Jahres veröffentlichte er seine Autobiografie, in der er mit dem Pop-Business und alten Freunden abrechnet. Hallyday hat es durch seine unerschütterliche Durchhaltekraft ganz nach oben geschafft. Er baute sich sogar eine Schauspielkarriere auf und drehte unter anderem mit Jean-Luc Godard ("Détective") und Costa-Gavras ("Ehrbare Ganoven").
Warum vergöttern die Franzosen diesen Altrocker, der täglich zwei, drei Stunden Krafttraining absolviert, sich die Haare färbt und seine entzündeten Stimmbänder mit Kortison fit hält? Vielleicht weil Hallyday wie kein anderer in Frankreich die Nachkriegszeit verkörpert und den Traum von Freiheit und dem Erfolg des kleinen Mannes.
Von Sabine Glaubitz, dpa - Bild: Bertrand Guay, afp