Wenn sich zu den Klängen der Ouvertüre der Vorhang hebt, dann schaut der Betrachter auf ein an ästhetischer Schönheit und Eleganz kaum zu übertreffendes Bühnenbild. Wir sind im großen Salon einer Villa, dessen riesige Glas-Schiebetüren den Blick auf eine säulenumrahmte Veranda freigeben. Ein strahlend blauer Himmel dient als Hintergrundkulisse. Während der Aufführung verwandelt er sich in eine herrliche sternenübersäte Nachtansicht.
Ein buntes Treiben bevölkert die Szenerie, die einen sind in Rokokokostümen gekleidet, die anderen in moderner Kleidung. Die Geschichte, die erzählt wird, ist wohl zeitlos und immer aktuell. Es geht in „Cosi fan tutte" um die Liebe und eine Liebesprobe: Sind die Schwestern Fiordiligi und Dorabella ihren jeweiligen Geliebten treu? Ist es überhaupt möglich die Treue zu halten?
Die Handlung von „Cosi" dürfte bekannt sein und wird meist als frivol heitere Komödie angeboten. Das ist nicht Hanekes Sache. Nein, bei ihm wird das Ganze zu einem psychologisch sehr genau gestalteten Kammerspiel, das von unvergleichlicher Intensität ist. Dabei ist es weniger der alte Don Alfonso, sondern vielmehr das Kammermädchen Despina, das die Strippen zieht und dies auf fast zynische Art und Weise. Ganz am Ende der Oper, wenn sich das Verwechslungsspiel auflöst, reißen alle sechs Protagonisten aneinander, als würden sie sich förmlich zerreißen.
Michael Haneke hat für diese Produktion ein wunderbares Solistenensemble zusammenstellen können. Alle Sänger und Sängerinnen entsprechen von Aussehen, Typus und Stimme den darzustellenden Personen. Die Produktion wurde ja vor einigen Monaten zunächst in Madrid am Teatro Real gegeben und es ist eine Co-Produktion mit der Monnaie. Haneke hat mit den Solisten in Madrid schon länger als sonst üblich proben können und war auch in Brüssel während der gesamten Vorbereitungszeit anwesend. So erreicht er eine unglaubliche Inszenierungsdichte: Da stimmt einfach alles, jede noch so kleine Bewegung, jeder Blick hat seine Bedeutung. Da ist ganz großes Theater.
Und gesungen wird auf einem entsprechenden Niveau. Sei es nun der Bariton Andreas Wolf als Guglielmo, Juan Francesco Gastell mit sehr feinem elegantem Tenor als Ferrando, Kerstin Avemo gibt eine mit allen Wassern gewaschene Despina oder Paola Gardina singt mit warmem Mezzo-Sopran die Dorabella. Besonders hervorzuheben ist Annett Fritsch, die übrigens in Düsseldorf in der Rheinoper Ensemblemitglied ist, und eine Fiordiligi gibt, die man sich glaubhafter nicht vorstellen kann.
Musik
Dirigent Ludovic Morlot überzeugt nach einem begeisternden Pelléas von Debussy vor einigen Wochen jetzt auch als Mozart-Dirigent. Dabei ist es gewiss keine leichte Aufgabe, in der mit zahlreichen kleinen, von der Regie verlangten, Pausen durchsetzten Aufführung die Spannung zu halten. Aber Morlot und seinem Orchester glückt dies.
Einen schöneren Saisonabschluss hätte sich die Monnaie kaum wünschen können.
Bild: Guillaume Horcajuelo (epa)