Basel, München, Salzburg, London, Paris: Claude Debussy gibt in diesem Jahr in den Konzertsälen und Opernhäusern den Ton an. Gespielt werden «Images» und «Clair de lune» - seine bekanntesten und beliebtesten Klavierwerke - und auch seine sinfonischen Werke und Opern wie «Nachmittag eines Fauns», «La Mer» und «Pelléas et Mélisande».
Stücke, die heute weltweit zum Standardrepertoire großer Opernhäuser gehören. Zu Lebzeiten des französischen Komponisten überraschten oder schockierten sie in ihrer Radikalität Debussys Zeitgenossen.
Debussy, der vor 150 Jahren, am 22. August 1862, geboren wurde, hat mit seinen fremdartigen und sphärischen Klangbildern die Musik sanft revolutioniert so wie Claude Monet und Paul Gauguin die Malerei. Seine Kompositionen zählen zu den bahnbrechenden Werken der Musikgeschichte. Er hat Harmonik, Klangfarbe und Rhythmik erneuert und die bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts beeinflusst.
Olivier Messiaen, Igor Strawinsky und Béla Bartók ließen sich von der Klangwelt des in der Nähe von Paris, in St-Germain-en-Laye, geborenen Visionärs inspirieren. Und auch zeitgenössische Komponisten wie Pierre Boulez. «Mich fasziniert die formale Qualität dieser Musik, die sich immer weiter entwickelt, ohne zurückzukommen», sagte Boulez über den Vorreiter der musikalischen Moderne.
Rebell Debussy
Debussy lehnte sich gegen die klassisch-romantische Tradition auf und suchte in harmonischer wie formaler Hinsicht eine Alternative. Dabei setzte er sich intensiv mit Musik aus außereuropäischen Kulturkreisen auseinander. Entscheidenden Einfluss hatte dabei die Weltausstellung von 1889 in Paris, auf der er die russische, javanische und arabische Musik entdeckte. Er übernahm die fremdländischen Klänge in seinen Kompositionsstil.
Das Ergebnis: leichte, schwebende und sphärische Klangbilder, die ihn zum Stimmungskomponisten und zum Hauptvertreter des Impressionismus werden ließen - vor allem in seinen Frühwerken. Eines der schönsten Beispiele für seinen tonmalerischen Impressionismus ist das Klavierstück «Pagodes» aus «Estampes». Anklänge an die indonesische Gamelan-Musik lösen die klaren Strukturen und Töne auf. Debussy erzeugt Atmosphäre. Während die Oper «Pelléas et Mélisande» noch von leichten, fließenden und wellenförmigen Tönen geprägt ist, spiegelt das Spätwerk sein Interesse für die französische Barockmusik wider. «Jeux» oder «Études» sind in ihrer Harmonik klarer und einfacher geworden, in ihrer Struktur jedoch komplexer.
Debussy gehört zu den bedeutendsten Komponisten seiner Generation. In die Wiege gelegt wurde ihm die Musik aber nicht. Er wurde als erstes von fünf Kindern in bescheidenen Verhältnissen geboren. Die spärlichen Grundlagen des Lesens, Schreibens und Rechnens brachte ihm seine Mutter bei, denn Claude hat nie eine Schule besucht. Die Musik entdeckte er dank seines Paten Achille Arosa, Bankier und Kunstsammler, den er regelmäßig besuchte. Claude war sechs Jahre alt, als er seine ersten Klavierstunden erhielt.
Debussy war ein Naturtalent. Innerhalb kürzester Zeit wurde er zu einem erfolgreichen Kandidaten für das Pariser Konservatorium. Nach seinem Musikstudium erhielt er den «Prix de Rome», zu seiner Zeit die höchste Auszeichnung, die ein französischer Komponist bekommen konnte. Den Aufenthalt in der Villa Medici in Rom, der mit diesem Preis einherging, brach er 1887 jedoch ab. Ihm waren die akademischen Regeln zuwider. Der ewige Rebell starb am 25. März 1918 an den Folgen einer Krebserkrankung.
Von Sabine Glaubitz, dpa - Bild: belga/afp