Ob es letztendlich für eine Spitzenplatzierung reichen wird, das sei nach seinem Auftritt vom Mittwoch mal dahingestellt.
Der 21-jährige Marc Bouchkov ist an und für sich ein sehr temperamentvoller Musiker. Da mag die Entscheidung für die Beethoven-Sonate Nr 7 fast ein wenig überraschen. Er spielt sie fast sehr brav. Erst im Finalsatz geht er aus sich heraus.
Bouchkov mit zwei Seiten
Allerdings zauberte er im langsamen Satz in den pianissimo-Passagen einige wunderschöne Momente. Aber dies ist bezeichnend für seinen gesamten Sonatenvortrag: Es sind immer wieder kleine herrliche Sequenzen, aber nicht die übergreifende Sicht.
Einen ganz anderen Bouchkov erlebten wir dann im Pflichtkonzert von Kenji Sakai. Nicht nur, dass er sein Sakko abgelegt hat und im Pullover spielt, nein, er geht das Stück mit Kraft an, engagiert sich total. Fast schon dämonisch wirkt diese Interpretation wie ein Thriller. Spannung pur.
Und diese beiden Seiten finden wir dann auch im Sibelius Konzert wieder. Gleich zum Auftakt überrascht er mit einem großen, sehr warmen Ton, der einen souveränen Erzähler erwarten lässt. Dem wird leider nicht durchgehend so sein. Es passieren immer wieder kleine Unregelmäßigkeiten, die bis zu einer erstaunlichen Tempouneinigkeit mit dem Orchester zum Ende des ersten Satzes führt. Den intensiven Ton Bouchkovs finden wir im langsamen Satz wieder, dies ist der beste Moment des Konzertes, denn im Finale wird sein Spiel wieder etwas unruhiger.
Kanadier Chooi überzeugt mit violinistischer Meisterschaft
Während Bouchkov also eher zur Spezies der von ihrem Temperament geleiteten Musiker zu zählen ist, und fürwahr, das ist doch das wir uns wünschen, gehört der Kanadier Nikki Chooi vielmehr zu den etwas kontrollierteren. Er überzeugt mit einer perfekten violinistischen Meisterschaft. Sein Spiel ist stets sehr sauber und intonationssicher. Er schafft schöne Klangfarben von mysteriös bis kraftvoll. Allerdings wünscht man sich in der Ravel-Sonate ein bisschen mehr Phantasie, dass er mal aus sich rausgeht, dem Blues tatsächlich seinen Ursprung anhören lässt. Hier überwiegt die Eleganz. Dass er der Violine ganz andere Töne entlocken kann, erleben wir im Finalsatz.
Technisch perfekt wirkt seine Interpretation des Pflichtkonzertes. Aber auch hier wagt er kaum dynamische Ausbrüche. Da fällt einem immer das Wort reserviert ein. Und dies trifft auch auf seine Wiedergabe des Tschaikowsky Konzertes zu. Das ist alles immer sehr schön aber auch ein wenig zurückhaltend. Fazit: Am Mittwoch erlebten wir zwei sehr gute aber sehr unterschiedliche Violinisten. Es würde uns aber wundern, sie ganz oben auf der Ergebnisliste wieder zu finden.
Am Donnerstagabend ist mit dem 28-jährigen Russen Andrey Baranov der älteste der zwölf Finalisten an der Reihe. Ihm folgt dann zu später Stunde die 23-jährige Koreanerin Dami Kim.
Archivbild: Olivier Vin (belga)