Ein vollbesetzter Brüsseler Palais des Beaux-Arts, unzählige Spots, zahlreiche Kameras und noch mehr Mikrophone, dazu großartige Musik: Dies ist das Ambiente des Königin-Elisabeth-Wettbewerbs.
Jetzt wird es ernst für die verbliebenen zwölf Finalisten, noch stärker als in den ersten beiden Runden schaut und vor allem hört die Musikwelt ihnen zu.
Und dies nicht nur im mit über 2000 Besuchern voll besetzten Palais des Beaux Arts, sondern ebenso an den Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie mittlerweile im Internet dank livestream.
Josef Spacek
Irgendwie hatte man den Eindruck, als ob dieser Druck für den 25-jährigen Josef Spacek, der den Reigen der Finalisten eröffnete, eine besondere Belastung war. Hatte der junge Tscheche in den beiden ersten Runden mit seiner einnehmenden Musikalität viele Beobachter für sich gewinnen können, war davon gestern Abend leider nicht all zu viel zu verspüren. Spacek wirkte angespannt ob der Aufgabe, die ihn erwartete. Oder hatte er ganz einfach ein Programm gewählt, das seinem Naturell nicht entsprach? Denn es sind eher die düsteren, melancholischen Momente, die sowohl in der Sonate Nr 1 für Violine und Klavier von Sergey Prokofiev als auch im Konzert von Sibelius überwiegen.
Zu welch wunderschönem Gesang dieser sensible Violinist fähig ist, zeigte er im langsamen Satz der Prokofiev-Sonate. Mit sanftem vom Dämpfer gedeckten Klang zeigte sich seine ganze Sensibilität. Und wie er im Finalsatz die Pizzicati mit einer behänden Leichtigkeit förmlich hüpfen ließ, war ganz große Kunst.
Er durfte danach die Uraufführung des Pflichtwerkes spielen, dem Concerto für Violine und Orchester des Japaners Kenji Sakai. Der 35-jährige Japaner hat den Kompositionswettbewerb gegenüber 130 weiteren Konkurrenten gewonnen. Nach dem ersten Hören erinnert das Konzert eher an ein Orchesterstück mit obligater Solovioline. Der Solist ist meist Teil des Ganzen, hat es nicht leicht sich abzuheben. Ein Urteil lässt sich aber erst nach einigen weiteren Interpretationen im Laufe der Woche geben.
Und dann stand für Spacek noch das Wahlkonzert an, jenes von Jean Sibelius. Eines der schönsten Violinkonzerte überhaupt und auch eines der technisch anspruchsvollsten. Er ging das Konzert mit einer erstaunlichen Härte an, selbst im langsamen Satz ließ er die Zuhörer kaum träumen. Schade, es war nicht der erwartete große Einstieg in die Finalwoche.
Ermir Abeshi
Ganz anders danach Ermir Abeshi. Auch er 25, ein aus Albanien stammender US-Amerikaner. Er wählte die zweite Prokofiev-Sonate, deren Humor und Ironie er wunderbaren Ausdruck verlieh. Das war oftmals lockere Spielfreude pur. Technisch absolut überzeugend. Auch im Pflichtwerk erschien er souveräner. Und die positive Energie prägte auch seinen Einstieg in das Tschaikowsky-Konzert. Im zweiten kreiert er wunderschöne dunkle Farben voller Wehmut um dann das gleich folgende Finale mit sehr viel Schwung anzugehen. Da tauchen dann ab und an kleine Unsauberkeiten auf, die wohl dem Eifer des Gefechtes geschuldet sind.
Der Dienstag
Heute Abend sind zwei Musiker aus Fernost an der Reihe: zunächst die 24-jährige Koreanerin Hyun Su Shin, die - und das ist doch erstaunlich - bisher ausschließlich in ihrem Heimatland studierte, und danach der 20-jährige Japaner Tatsuki Narita, der zur Zeit in Paris sein Studium fortsetzt. Auf dem Programm neben dem Pflichtwerk je einmal das Sibelius- und das erste Paganini-Konzert, und beide spielen als Sonate die dritte von Johannes Brahms.
Übrigens: in unserer Sendung Klassikzeit auf BRF 1 können sie heute, morgen und übermorgen Interviews mit allen zwölf Finalisten hören.
Bild: Kristof Van Accom (belga)