Clémentine Margaine
Der Mezzosopranistin Clémentine Margaine kam die zweifelhafte Ehre zuteil, den Concours zu eröffnen. Die 28-jährige Französin nahm gleich mit der ersten Arie für sich ein. Als Carmen in der gleichnamigen Oper von Georges Bizet überzeugt sie mit warmem Timbre sowohl in den tiefen als auch den höheren Lagen. Und diese farbenreiche Stimme prägt auch ihre erste russische Arie, aus Tschaikowskys Pique Dame.
Clémentine Margaine verfügt über eine große raumgreifende Stimme und ein unübersehbares dramatisches Talent. So etwa als Leonora in der Oper La Favorita von Donizetti. Sie nimmt in jeder Szene das Publikum mit. Nicht ganz so überzeugend war auch aufgrund der nicht immer deutlichen Aussprache ihre Interpretation eines Auszuges aus "Des Knaben Wunderhorn" von Gustav Mahler. Aber dies trübt nur unwesentlich den positiven Gesamteindruck.
Eung Kwang Lee
Ihr folgte der Koreaner Eung Kwang Lee. Manche Beobachter der ersten beiden Runden des Wettbewerbs schwärmten von dem ebenfalls 28-jährigen Bariton. Tatsächlich ist er ein Mann, der die Bühne liebt, seinen Auftritt genau inszeniert. Dazu zählen das etwas süffisante Lächeln ebenso wie wie die lässig geknotete Krawatte über offenem Hemdkragen. Aber diese Nonchalance vermittelt er nicht durch den Gesang.
Bereits seine beiden Lieder eines fahrenden Gesellen von Gustav Mahler machten schnell Intonationsprobleme deutlich. Er neigt zur Übertreibung im Ausdruck, dabei verfügt er über ein sehr schönes Stimmpotenzial. Vor allem die Mittellage ist sehr schön. Auch in den Opernauszügen kann Lee nicht begeistern. Immer wieder schießt er übers Ziel hinaus, will vielleicht zu viel, selbst beim berühmten Largo al factotum aus Rossinis Barbier von Sevilla. Schade. Vielleicht hatte er gestern einfach einen schlechten Abend.
Anaïk Morel
Ganz anders dann die letzte der drei Kandidaten: die Mezzosopranistin Anaïk Morel. Auch sie stammt wie ihre Kollegin aus Frankreich und ist 28 Jahre jung. Schon in ihrem Einstiegslied von Maurice Ravel nimmt sie uns dank ihrer einnehmend schönen Stimme mit auf eine musikalische Reise. Dass ihr auch vokale Virtuosität keine Angst macht, zeigt sie im Laudamus te aus Mozarts großer c-moll Messe. Wunderbar und im wahrsten Sinne traumhaft gestaltet sie dann Wagners Lied Träume. Da versteht man, warum Daniel Barenboim sie für seinen Ring des Nibelungen in Mailand und Berlin verpflichtete. Und sie schließt mit Carmen, einer ganz anderen Carmen im Vergleich zu Clémentine Margaine, zunächst zurückhaltend, aber zum Ende hin doch feurig. Eben Carmen.
Heutet Abend erwarten wir mit Spannung unter anderem den belgischen Tenor Thomas Blondelle.
Bild: Julien Warnand (belga)