Roger Waters macht seit Jahren immer wieder Furore mit politisch brisanten Statements, unter anderem mit Israel-feindlichen Äußerungen. Er gehört zu den prominenten Unterstützern von BDS, jener Initiative die zum Israel-Boykott aufruft. Und jetzt hat sich Waters auch in den Ukraine-Konflikt eingemischt. In einem Brief an die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, Olga Selenska, schiebt er die Verantwortung für den russischen Einmarsch in die Ukraine eindeutig ukrainischen Nationalisten zu sowie Präsident Selenskyj persönlich, weil dieser sein Wahlversprechen nicht eingelöst habe. Gemeint ist die Befriedung des Donbass, also die besonders umkämpfte Region im Osten der Ukraine.
Außerdem kritisiert Waters die Waffenlieferungen des Westens. Insbesondere die USA würden so den Krieg befeuern. Über die Rolle Russlands als Angreifer hingegen: kein einziges Wort.
Die Frau des ukrainischen Präsidenten hat - wenig überraschend - natürlich nicht viel übrig für solche Einwürfe. Auf Twitter hat sie Waters geantwortet und ihm geraten, bei dem Präsidenten eines anderen Landes um Frieden zu bitten.
Dass Polen sich besonders herausgefordert fühlt auf diese Äußerungen zu reagieren, liegt wohl daran, dass Polen direkter Nachbar und enger Verbündeter der Ukraine ist. Viele Ukrainer sind nach Polen geflüchtet, Polen beliefert die Ukraine mit Waffen und hat sich von Anfang an in der EU für starke Sanktionen gegen Russland eingesetzt. In Krakau, wo die Konzerte von Roger Waters stattfinden sollten, hat sich ein Kommunalpolitiker dafür stark gemacht, dass nicht nur die Konzerte abgesagt werden, sondern dass Waters auch zur unerwünschten Person erklärt werden soll. Die Abstimmung darüber soll am Mittwoch stattfinden.
Waters versucht dennoch, als Sieger vom Platz zu gehen. Erstens hat er klargestellt, dass es die polnische Seite ist, die die Verantwortung für die Absage trägt und nicht etwa er selbst und zweitens schiebt er es darauf, dass seine Liedtexte angeblich die drakonische Zensur in Polen nicht überstanden hätten. Jedenfalls wird er im Frühjahr nicht in Krakau auftreten.
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