"Er hatte immer diesen Lick drauf - und man konnte immer genau erkennen: Das ist Elmore James", sagt der Kölner Blues-Gitarrist Richard Bargel. "Es war für Blues-Sänger und Blues-Musiker immer das Wichtigste, einen eigenen Stil zu haben. Und Elmore James hatte Licks und Tonfolgen praktisch erfunden, die dann von vielen, vielen nachfolgenden Generationen Musikern gespielt, kopiert und als Vorbild genommen wurden."
Was internationale Musik-Größen wie der "Rolling Stones"-Gitarrist Brian Jones, Jimi Hendrix oder Eric Clapton vor allem an Elmore James bewunderten, war dessen markante Slide-Technik. Bei dieser Spielvariante lässt der Musiker einen seiner Finger, der in einer Metallhülse steckt, über die Saiten am Gitarrenhals gleiten. Dadurch wird der Sound des Instruments verfremdet. Es klingt wehmütig, verzweifelt, schmutzig, erotisch. Es bekommt all das, was den Blues ausmacht. Und Elmore James wurde zum Meister dieser Spieltechnik, zum König der Slide-Gitarre.
Leben
Elmore Brooks, wie er ursprünglich hieß, wurde am 27. Januar 1918 in der kleinen Stadt Richland, im US-Bundesstaat Mississippi, geboren. Seine Mutter, eine Plantagenarbeiterin, war gerade einmal 15 Jahre alt, als er auf die Welt kam. Ob der Mann, der kurz nach der Geburt bei ihnen einzog, wirklich sein Vater war, ist nicht bekannt, jedenfalls übernahm Elmore später dessen Nachnamen James.
Mit zwölf Jahren begann Elmore Musik zu machen, auf einem selbst gebastelten einsaitigen Instrument, einem so genannten "Diddley Bow". Als Teenager spielte er für ein paar Münzen bei Tanzveranstaltungen und reifte schließlich zu einem ausdrucksvollen Gitarristen und Sänger heran.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und seiner Militärzeit arbeitete Elmore James im Elektro-Laden seines Stiefbruders. Den Job nutzte er, um sich eine elektrisch verstärkte Gitarre zu bauen. Er begann, seine Musikkarriere in professionelle Bahnen zu lenken, Songs zu schreiben, sich eine Begleit-Band aufzubauen und Schallplatten aufzunehmen. "Dust my Broom" aus dem Jahr 1951 wurde einer seiner bekanntesten Songs.
Elektrischer Blues
Angespornt durch seinen Erfolg, zog Elmore James in die Millionen-Metropole Chicago, die sein neues musikalisches Zuhause wurde. In Chicago war ein neuer urbaner Blues-Sound entstanden, der von elektrisch verstärkten Gitarren geprägt war. Neben Musikern wie Muddy Waters oder Willie Dixon, wurde auch Elmore James zu einer der Hauptfiguren dieses elektrischen Blues.
Der Song "The sky is crying", den er im November 1959 aufnahm, sollte der letzte größere Erfolg für Elmore James werden. Der Blues, wie er ihn spielte, kam in den USA langsam aus der Mode. Enttäuscht verließ er Chicago und ging zurück in den Süden. Alkohol wurde zu seinem ständigen Begleiter. Außerdem machte ihm eine chronische Herzerkrankung immer mehr zu schaffen. Trotzdem wollte es Elmore James dann doch noch einmal versuchen und plante für 1963 sogar eine Konzertreise nach Europa. "Da wurde der Blues in Europa praktisch erst entdeckt", erklärt der Kölner Blues-Gitarrist Richard Bargel.
"In Vergessenheit geraten"
Viele ältere US-Blues-Musiker, wie John Lee Hooker, Willie Dixon oder Muddy Waters, war es Anfang der 1960er gelungen, in Europa noch einmal durchzustarten. Auch Elmore James sah im aufkeimenden britischen Blues-Fieber eine Chance. Um sein Comeback vorzubereiten, ging er im Frühjahr 1963 noch einmal nach Chicago. Dort erlag Elmore James, am 24. Mai, im Alter von 45 Jahren, einem Herzinfarkt.
"Weil er früh gestorben ist, ist er leider nicht ganz so in die Höhen aufgestiegen, wie Muddy Waters, der ja später auch von vielen britischen Bands, die ihn als Vorbild genommen haben, mit auf Tournee genommen worden, von den 'Stones' zum Beispiel, die ihn dann sehr populär gemacht haben. Und Elmore hatte diese Chancen nicht gehabt und ist so ein bisschen in Vergessenheit geraten", sagt Bargel.
Alfried Schmitz