Es ist eine der berührendsten Geschichten der Opernliteratur. Die 15-jährige Cio-Cio-San heiratet den amerikanischen Marineoffizier Pinkerton, der aber gar nicht die Absicht hat, ihr ewig treu zu bleiben. Schon bald verlässt er wieder Japan, um in Amerika ein zweites Mal zu heiraten. Er weiß gar nicht, dass Cio-Cio-San schwanger ist. Gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn wartet die Geisha auf Pinkertons Rückkehr, tatsächlich taucht er nach einigen Jahren wieder auf, mit seiner neuen Gattin, um das Kind zu holen. Die verzweifelte Cio-Cio-San kennt keine andere Lösung, als sich in der Schlussszene das Leben zu nehmen.
Wie Puccini es versteht in „Madama Butterfly“ japanisches Flair mit europäischer Kunstmusik zu verschmelzen, ist von höchster Qualität und Dirigent Roberto Rizzi-Brignoli versteht es dies mit dem Orchester von La Monnaie, das sich wieder auf allerhöchstem Spielniveau präsentierte, umzusetzen. Ohne je in kitschiges Pathos zu verfallen. Im Gegenteil, Musik wie die ganze Produktion sind frei von jeder larmoyanten Sentimentalität.
Das Regieteam von „Hotel Pro Forma“ um Kerstin Dehlholm hat sich für eine fast etwas distanziert wirkende Sicht entschieden. Die Figur der Cio-Cio-San wird zum einen von einer lebensgroßen Puppe dargestellt. Das ist das Mädchen Cio-Cio-San, und gesungen wird die Rolle von einer hervorragend disponierten Alexia Voulgaridou, die am Bühnenrand stehend, sich als eine Art Geist an die damalige Zeit erinnert. Das macht durchaus Sinn.
Un bel di vedremo
Die Bühne ist eher karg gehalten, einige Details, wie das Dach einer Pagode und vor allem in Origami-Kostümen gekleidete Tänzer geben den deutlich japanischen Touch. Wieder einmal muss der Chor im Orchestergraben singen. Das scheint mittlerweile Methode zu haben. Aber der Chor von La Monnaie singt vorzüglich. Auch die Solisten sind durchwegs überzeugend. Kraftvoll und klangschön, auch wenn in den höchsten Lagen weniger präsent Marcelo Puente als Pinkerton, Aris Argiris als Konsul Sharpless, auch wenn er optisch keineswegs an einen Konsul erinnert und nicht zuletzt Ning Lian als Cio Cio Sans Vertraute Suzuki.
Warum Cio-Cio-Sans Sohn von einem kleinem Plastikmännchen dargestellt wird, das an eine Mischung aus Playmobil und Super Mario erinnert, bleibt das Geheimnis der Regie. Am Ende entpuppt er sich sogar als aufblasbarer Riese. Warum auch immer. Besonders positiv hervorzuheben ist hingegen die Lichtgestaltung, die für jede Szene die passende Stimmung erzeugt.
Diese „Madama Butterfly“ ist insgesamt ein großes ästhetisches Vergnügen, das wohl ganz bewusst nicht auf die Tränendrüsen drücken möchte. Bis zum 14. Februar steht „Madama Butterfly“ auf dem Spielplan im Palais Monnaie auf dem Gelände von Tour et Taxis. Aufgrund der dichten Aufführungstermine ist eine Doppelbesetzung vorgesehen.
Hans Reul - Foto: LaMonnaie/Baus