Die Sängerin Ina Deter wurde im Westen der damals noch geteilten Stadt Berlin geboren. Mit elf nahm sie Gitarrenunterricht, gründete als Teenager die Mädelsband "Lucky Girls" und lernte später die Berliner Folkszene kennen und schätzen. Zu ihren großen Idolen wurden die US-Liedermacher Bob Dylan und Joan Baez. Wie sie wollte auch Ina Lieder mit politischen Inhalten singen. Mit Anfang 20 ging sie dann nach Köln und startete dort ihre Musikkarriere. Mit der Single "Neue Männer braucht das Land" feierte sie ihren größten Erfolg.
Seit Jahren ist es ruhig geworden um die Sängerin, die am Samstag ihren 70. Geburtstag feiert. Rückblickend weiß sie, wie wichtig Berlin für ihr Leben und ihre Karriere war. "In Berlin bin ich geboren - nach dem Krieg 1947. Das war eine schwierige Zeit und das hat mich geprägt. Ich bin also eine von denen, die damals mit wenig Geld auskommen musste und in den schweren Zeiten, fällt es mir nicht schwer, auch mit weniger auskommen zu können. Und das ist glaube ich der Vorteil. Berlin war einfach in den 1960ern. Ich bin erst 1969 nach Köln gegangen. Das war für mich so wichtig, weil ich da angefangen habe, mir über Politik Gedanken zu machen."
Kampf für Frauenrechte
Ina Deter gab sich immer kämpferisch und trat vehement für die Rechte der Frauen ein. Vor allem gegen den damals noch existierenden Paragraph § 218, der in Deutschland Abtreibung unter Strafe stellte, lehnte sie sich, bewaffnet mit einer Gitarre, auf. "Mein erstes Lied war auch 'Ich habe abgetrieben'. Das habe ich hier in Köln in der Schildergasse an einem verkaufsoffenen Samstag auf der Straße gespielt. Wir haben Unterschriften gesammelt. Ich habe viele Frauen aus der damaligen Frauengruppe immer gebeten, mir doch mal einen Text zu schreiben, weil Musik zu machen, habe ich mir zugetraut. Aber es kam nie was - und zum Glück muss ich heute sagen. Weil sonst hätte ich keinen einzigen Text geschrieben und hätte auch nie erfahren, dass ich so eine kleine Begabung zum Schreiben habe."
Mit ihren Liedern schrieb sich Ina Deter Wut, Probleme und Sorgen von der Seele. In ihren Texten bemühte sie sich immer darum, glaubwürdig rüber zu kommen. Es sollten Geschichten aus ihrem ganz persönlichen Erfahrungsschatz sein. "Mein großer Meister Bob Dylan hat es mir damals vorgemacht. Ich habe aber nie gedacht, dass ich das selber mal tun würde, geschweige denn, dass ich es selber kann. Und auf einmal war die Möglichkeit da, über mich was aussagen zu können und dabei ist es bis heute geblieben. Ich kann eigentlich nur schreiben, wenn ich über mich was sagen kann, sonst könnte ich gar nicht schreiben."
Neue Männer braucht das Land
Zum größten Hit von Ina Deter wurde 1982 die Single "Neue Männer braucht das Land". Ein Jahr später kam auch die gleichnamige Langspielplatte in die Charts. Trotz vieler weiterer Veröffentlichungen konnte sie an diesen Erfolg nie mehr anknüpfen.
"Viele - und Plattenfirmen im Speziellen - haben damals gesagt: 'Du musst noch mal einen Titel machen wie 'Neue Männer braucht das Land'. Aber das geht nicht! Du kannst es nicht wiederholen. Und das musste ich einfach einsehen. Das ist ein Krampf und furchtbar. Du musst einfach sagen, das war wunderschön, dass es mal passiert ist, aber ich kann es jetzt nicht programmieren. Ich kann nicht auf den Knopf drücken und sagen, jetzt hätte ich gerne noch mal so einen Nachfolger von 'Neue Männer'. Wenn der Erfolg kommen soll, dann kommt er und wenn nicht, dann war es nicht die richtige Zeit. Ein bisschen Glück muss man immer haben."
Großes Glück im Privatleben hatte Ina Deter nicht. Zwei ihrer Lebenspartner, die Musiker und Produzenten Jo Steinebach und Manni Holländer starben früh. Sie selbst erkrankte an Brustkrebs und zog sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Mit 60 ging sie noch einmal ins Studio und nahm ihre alten Stücke neu auf und präsentierte sie auf dem Album "Ein Wunder".
Heute mit 70 gibt sie sich philosophisch. "Wenn ich noch mal die Chance hätte ein zweites Mal auf die Welt zu kommen, dann wünschte ich mir das nächste Mal etwas schlauer zu sein, um zu begreifen, was das alles bedeutet. Was ist der Mensch? Wo war er vorher? Was hat er vorher gemacht? Wo ist er, wenn er nicht mehr da ist? Also mit anderen Worten, wäre ich eigentlich gerne so etwas wie eine Sternforscherin geworden oder würde mich mit dem Universum beschäftigen. Ich beneide alle Menschen, die soviel Grips haben, sich damit wirklich beschäftigen zu können und es auch zu verstehen."
Alfried Schmitz