Talkshows sind der Traum der Fernsehmacher: Eine einfache Kulisse, kaum Technik, keine Drehbücher, Gäste, die (meist) kostenlos kommen - und trotzdem gute Quoten und sprudelnde Werbeeinnahmen. Die simplen Gesprächsrunden sind in ihrem Mutterland USA nach wie vor eine feste Säule des Fernsehens.
Allerdings ist die Landschaft gerade im Umbruch: Eine Legende ist gegangen, ein Neuling versucht sich an seinem Platz, die früheren Lieblinge müssen wieder Fuß fassen und über allen regiert eine unantastbare Königin.
Diese Herrscherin wurde früher als Hausfrauentalkerin verspottet und ist heute die einflussreichste Medienfrau der USA. Oprah Winfrey hat ihrem Reich zum Jahresbeginn ein neues Stück hinzugefügt: Einen eigenen Sender. 24 Stunden am Tag ist Oprah nun zu sehen, wenn schon nicht persönlich, dann ihr Konzept: Lebenshilfe für Frauen, ob es um Krankheiten, Haushalt oder Sex geht. Der Einfluss der 56-Jährigen ist enorm. Wen oder was sie in ihren Sendungen empfiehlt, macht Karriere, wird ein Erfolg.
Winfreys Eltern waren unverheiratete Teenager. Mit 15 wurde sie selbst schwanger, doch das Kind starb. Sie nahm Rauschgift und wurde esssüchtig, doch die Frau bekam sich in den Griff. Heute ist sie die erfolgreichste Talkerin Amerikas und Milliardärin. Auf 300 Millionen Dollar werden ihre Jahreseinnahmen geschätzt. Kein Wunder, dass sich das «Oprah Winfrey Network» mit «OWN», also «besitzen», abkürzt. Für das Magazin «Forbes» ist Winfrey mächtiger als Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Jay, Conan und die anderen
Von solch einem Einfluss kann Jay Leno nur träumen. Dabei hat sich der 60-Jährige seine Probleme selbst zuzuschreiben. Schon 2004 hatte er angekündigt, fünf Jahre später seine «Tonight Show» an den 13 Jahre jüngeren Conan O'Brien abzugeben und eine Sendung früher am Abend zu machen. Als das Experiment floppte, wollte Leno zurück - doch auf seinem Sendeplatz saß ja O'Brien. Wochenlang stritten beide, letztlich gab der Jüngere nach - für 45 Millionen Dollar.
Lenos Talkshow ist immer noch die erfolgreichste des Abends, doch die Rochade hat ihn ein Fünftel der Zuschauer gekostet. O'Briens Sender TBS macht sogar eine andere Rechnung auf: Lenos Zuschauer seien, ebenso wie die von Altmeister David Letterman, im Schnitt 56 Jahre alt. Die von O'Brien aber erst 33 - und die verwendeten viel öfter digitale Videorekorder. Werte man diese Daten aus, sei Leno nur noch live gesehen die Nummer 1. Letztlich habe aber O'Brien mehr Zuschauer.
Zuschauerschwund machte zuletzt auch Larry King zu schaffen. Mehr als 25 Jahre funkte er jeden Tag vom selben Sendeplatz, doch zuletzt war der 77-Jährige eine schwächelnde Legende. Einen Monat nach seinem Abschied soll an diesem Montag Piers Morgan den Sendeplatz übernehmen.
Der Brite ist wohlbekannt als Chefredakteur des «Daily Mirror». Als die englische Nationalmannschaft 1996 im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land auf Deutschland traf, sprang die Leser ein «Achtung: Surrender» in gewaltigen Buchstaben von der Titelseite des Boulevardblattes an. Morgan verkündete, am liebsten würde er mit seiner Zeitung einen Bombenangriff auf das deutsche Trainingslager fliegen und per Panzer nach Berlin fahren, um die «Bild»-Zeitung plattzumachen.
Doch statt des Krawallmachers will CNN einen ernsten Moderator. Erste Filmchen zeigen den 45-Jährigen in der Tat als netten Plauderer. Der Quotendruck auf den Engländer ist enorm. Vielleicht geht er deshalb auf Nummer sicher: Gast der ersten Sendung von «Piers Morgan Tonight» wird Talkshowkönigin Oprah Winfrey sein.
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