"Exit" und "Das Ende von etwas" - die Titel der vergangenen Ausgaben hatten es schon angekündigt: das Ende des Krautgartens. Jetzt steht es kurz bevor. Es sei das definitiv vorletzte Heft, so Herausgeber Bruno Kartheuser. Ein Experiment im kleineren Format sollte es werden. Doch so verschieden von den vorherigen Ausgaben scheint das Sonderheft gar nicht: etwas dünner, aber immerhin noch 64 Seiten stark und mit den gleichen inhaltlichen Schwerpunkten.
"Unveröffentlichte Literatur, Künstlerbeitrag, Rezensionen - die gepflegte Aufmachung ist geblieben. Die Machart ist anders: Das hier geschieht nicht mehr per Einsendung von Texten von Autoren, sondern wir wenden uns an Autoren. Manche schicken auch noch ein und wenn das für uns gut aussieht, dann können wir die auch auswählen. Ansonsten aber ist das Prinzip der Zusendung abgeschafft", erklärt Kartheuser.
Zwischen 70 und 100 Autorenbeiträge wurden früher gesichtet, um eine Auswahl für den Krautgarten zu treffen. Diese Redaktionsarbeit ist nun weggefallen. "Wir bringen das Produkt zu seinem Ende und möchten, dass dieses Ende nicht brutal ist. wir lassen es also langsam ausklingen - auch aus Rücksicht auf unsere Leser, Autoren und Mitarbeiter. Wir sträuben uns gegen diese gemeine Intention der Regierung, das einfach abzuschaffen, indem wir es auf unsere Art zu Ende bringen."
20 bis 25 Autoren präsentierte der Krautgarten in einer normalen Ausgabe. In der verkleinerten Version sind es immerhin noch 19 aus neun Ländern. Sie spiegeln die Vielfalt wider, für die der Krautgarten steht.
Verknüpfungen liegen Bruno Kartheuser am Herzen, wie auch die ersten Seiten der neuen Ausgabe zeigen. Der Artikel "Wo Worte zu Wolken und Wellen werden" präsentiert die Künstlerin Renate Weise, die verschiedene Gedichte ins Bild gesetzt hat. Den lyrischen Auftakt macht ein Gedicht von Jannis Ritsos aus dem Jahr 1953 unter dem Titel "Der Frieden". Krautgarten stellt das griechische Original und die deutsche Übersetzung in einen aktuellen politischen Kontext.
Thematisch ist der Krautgarten wieder gemischt. Auch die Gattungen können die Autoren frei wählen: Gedicht, Prosa oder Essay. Die ostbelgische Literaturzeitschrift war immer auch ein Forum für junge, unbekannte Autoren. Auch wenn das Konzept dieses Mal ein anderes war, gab es noch neue Einsendungen, die berücksichtigt wurden.
In den vergangenen 35 Jahren haben rund 1.500 Autoren ihre Texte im Krautgarten veröffentlicht, schätzt Bruno Kartheuser. Darunter sind auch einige Namen, die es zu Anerkennung und Bekanntheit in der Literaturzszene gebracht haben. Kartheuser nennt einige Beispiele: "Jan Wagner hat jetzt den Büchner-Preis bekommen. Er ist mehrere Male im Krautgarten gewesen. Oder Robert Schindel aus Wien oder Friederike Mayröcker ebenfalls aus Wien - das sind ganz große Namen der Gegenwartsliteratur."
Bewusst verzichtet hat Bruno Kartheuser dieses Mal auf einen Stellung nehmenden Leitartikel zur Eupener Kulturpolitik, die in seinen Augen für die Kunst- und Literaturschaffenden desaströs ist. Da bliebe aber noch manches zu sagen, kündigt Kartheuser an, und verweist auf die Schlussausgabe des Krautgarten im Herbst.
mb/mg - Archivbild: Stephan Pesch/BRF