Das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum zeigt jetzt Meisterwerke der mittelalterlichen Bildhauerkunst aus der Reformationszeit. Die Überblicksschau unter dem Titel "Made in Utrecht" stellt zum ersten Mal die Blütezeit der damals international bedeutenden Bildhauerkunst in der niederländischen Stadt vor. Die Ausstellung wird am Mittwoch offiziell eröffnet, quasi im Vorfeld der am Donnerstag in Maastricht beginnenden TEFAF-Kunstmesse.
Utrecht war im Spätmittelalter eine wirkliche Metropole, mit etwa 20.000 Einwohnern sogar viel größer als das benachbarte Amsterdam. Die Bischofsstadt, damals übrigens zu Köln zugehörig war in mancherlei Hinsicht die dominierende Stadt der nördlichen Niederlande. Und Skulpturen aus Utrecht standen damals für Qualität. Im Sturm der Reformation wurde die Kunst aber fast vernichtet, weil den radikalisierten Calvinisten Bildern von Heiligen ein Dorn im Auge waren. Die Darstellungen wurden nur als Ablenkung vom Glauben verstanden.
Was die Bilderstürmer übrig ließen und sich erhalten hat, holt das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum jetzt ans Licht. Die Überblicksschau zur Zeit zwischen 1430 bis 1530 stellt zum ersten Mal die Blütezeit der damals international bedeutenden Bildhauerkunst in allen Facetten vor. In Recherchen spürten die Kuratoren auch überlebende sakrale Objekte im Ausland auf, die dort die Zerstörungswelle radikaler Calvinisten im 16. Jahrhundert unversehrt überstanden. Noch nie hat sich vorher eine Schau so umfassend mit der Blütezeit der mittelalterlichen Bildhauerkunst in Utrecht auseinandergesetzt. "Made in Utrecht galt damals bei den Skulpturen als Gütesiegel" und so haben glücklicherweise im Ausland viele Skulpturen überlebt. So auch ein Altaraufsatz einer kleinen protestantischen Gemeinde in Norwegen, ein Star unter den Objekten: in der Mitte die Madonna mit Kind, rechts der Erzengel Michael, links der norwegische Heilige Olaf. Erst als das Suermondt-Ludwig-Museum die Restauration versprach, ließ sich die Gemeinde zur Ausleihe überreden.
Die Schau zeigt monumentale mit Figuren bestückte Altaraufsätze und Heiligenfiguren - winzig klein als Glücksbringer im Taschenformat bis hin zu großen Heiligen für die Kirche. Anders als in der Kirche begegnet der Besucher den Figuren auf Augenhöhe und entdeckt manchmal Erstaunliches auf der Rückseite, wie ein rätselhaftes Herz auf der Rückseite des Heiligen Franziskus. Die Leihgaben kommen aus Utrechter Sammlungen, Kirchen und Privatsammlungen und Museen wie dem Louvre in Paris, dem Londoner Victoria und Albert Museum und dem Amsterdamer Rijksmuseum.
Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Utrechter Museum Catharijneconvent und wurde zunächst auch dort gezeigt. Zu der Aachener Schau ist bei Belser der deutsche Katalog erschienen. Die niederländische Version, die ebenfalls für 29,95 Euro abgegeben wird, erschien im vergangenen Jahr im Antwerpener Ludion Verlag.
mitt/rkr