Erhaben residiert die schöne Königin im Kuppelsaal des Neuen Museums zu Berlin - das bekrönte Haupt stolz erhoben auf dem schlanken Hals, das makellose Gesicht von einem geheimnisvollen Lächeln umspielt. Die weltberühmte Büste der Nofretete ist, wie kann es anders sein, der absolute Höhepunkt der Sonderausstellung, mit der die Staatlichen Museen zu Berlin den Fund der Skulptur vor 100 Jahren feiern.
Und doch ist die Ausstellung viel mehr. Erstmals wird das spektakuläre Ausgrabungsstück umfassend in seinem zeitgeschichtlichen Zusammenhang dargestellt - eine Zeitreise in die Amarna-Ära vor rund 3400 Jahren. Am Donnerstagabend wollte Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Schau gemeinsam mit dem ägyptischen Botschafter Mohamed Higazy eröffnen. Antikenminister Mohamed Ibrahim Ali sagte angesichts der Krisensituation in Kairo kurzfristig ab.
1300 größtenteils noch nicht gezeigte Funde
Mit rund 1300 größtenteils noch nicht gezeigten Funden aus dem einstigen Herrschersitz von König Echnaton und seiner Gemahlin Nofretete will die Schau "Im Licht von Amarna" auch den Alltag jener Zeit lebendig werden lassen. Zu sehen sind Amphoren, wertvolle Keramiken und Schmuck aus den Villen der Herrschenden, aber auch Vorratsgefäße, Geräte und einfache Schuhe aus den Arbeiterhäusern.
Aus der Werkstatt der Bildhauers Thutmosis, in der auch die Büste der Pharaonengattin entdeckt wurde, sind erstmals alle nach Berlin gelangten Werkstücke zu betrachten, vieles schlummerte bisher in den Archiven. Ein besonderer Schatz daraus ist eine exquisite, aber zerschlagen aufgefundene Büste Echnatons, die als Gegenstück zur Nofretete gilt. Mit Hilfe der Computertomografie konnten die Experten eine exakte Replik erstellen.
Monotheismus um Sonnengott Aton
Der von Echnaton eingeführte Monotheismus um den Sonnengott Aton wird in der Ausstellung symbolisch vorgestellt: Ein riesiger, zehn Meter breiter "Sonnenkeil" aus transparentem Stoff taucht den ganzen Raum in warmes Licht. Das Metropolitan Museum in New York steuerte ein imposantes Modell des Aton-Tempels im Maßstab 1:50 bei. Dazu gibt es viele Dokumente, Film- und Tonaufnahmen, die Hintergrundwissen liefern.
"Dies ist keine Nofretete-Schau, denn an der Schönen und ihrer Aufstellung ändert sich nichts", sagte die verantwortliche Direktorin des Ägyptischen Museums, Friederike Seyfried, mit Hinweis auf den fragilen Zustand der Skulptur. Dennoch verrät ein Foto von neuen Ausgrabungen in Ägypten eine kleine Sensation.
Belgische Forscher haben nur wenige Kilometer von Amarna entfernt in einem Steinbruch eine Inschrift aus dem 16. Regierungsjahr Echnatons entdeckt, die den Pharao und Nofretete direkt nebeneinander nennt. Bisher stammte der letzte gemeinsame Nachweis aus dem 12. von insgesamt 17 Regierungsjahren des Pharao.
Allen Spekulationen, die geheimnisvolle Gemahlin sei vorzeitig gestorben oder einer Palast-Intrige zum Opfer gefallen, dürfte damit der Boden entzogen sein. Ansonsten aber verzichten die Ausstellungsmacher bewusst auf Interpretationen zur möglichen Machtrolle der Herrschersgattin und zu den vieldiskutierten Familienbeziehungen. Direktorin Seyfried: "Wir beteiligen uns nicht am heiteren Mumienraten."
Von Nada Weigelt, dpa - Bild: epa