Die virtuelle Brille aufziehen und ab durch das Kunstwerk. "So und jetzt kannst du da reinfliegen. Da machst du am besten Pause und jetzt kannst du gucken, wo du bist", sagt Jana Rusch.
Tatsächlich fliege ich durch das Kunstwerk von Jana Rusch. Zuerst zögerlich und ganz langsam. "Ein bisschen tiefer, Simonne. Das ist hier genau die Stelle, an der ich eben gemalt habe. Die war jetzt gerade vor dir. Da siehst du die Strukturen." Ein Ausflug in die "virtuelle Realität" ist für mich ungewohnt. Doch ziemlich schnell finde ich Gefallen an dieser Schwerelosigkeit.
Die Welt, so wie sie mir gefällt. Dabei gibt Jana Rusch den Rahmen für diese Flugausflüge noch immer ganz klassisch vor: mit echten Farben, auf Leinwand oder Holz. Erst danach wird das Werk fotografiert und per App digitalisiert. "Das ist auch die Qualität und die Besonderheit dieser App, dass hier in diesem Atelier die Werke erst einmal in der realen Welt entstehen müssen. Dann übertrage ich diese Qualität und diese Haptik und auch diese Wärme, die hier nur im realen Raum so möglich ist, in das Virtuelle."
Landschaften sind das stets bleibende Thema in den Werken der studierten Geografin. Urbane Lebensformen der Zukunft, in denen bislang aber der Mensch fehlte. Dank der "virtuellen Realität" wird der Ort erlebbar und der Mensch taucht in ihn ab.
"Als Inspirationsquelle dient mir der Atlas Ferraris. Das ist die erste kartographische Aufzeichnung Belgiens. Diese Karten sind 250 Jahre alt und ich finde das total spannend, diese Inspirationsquelle in meine Werke zu integrieren." So entstehen Orte, die es bislang nur in der Phantasie gab, plötzlich ganz real. Daher auch der Name der Ausstellung: (Non)Utopia.
Der Wechsel zwischen realer und digitaler Welt ist die Spezialität der beiden Wissenschaftler Sevinc Eroglu und Patric Schmitz von der RWTH in Aachen. Die App, die die Kunst in virtuelle Reisen verwandelt, wurde am Lehrstuhl für "Virtuelle Realität" programmiert.
Normalerweise werden hier 3D-Simulationen für die Industrie erforscht. Doch eines Tages kam Jana Rusch mit ihrer Idee der virtuellen Kunst. "Ich war sehr aufgeregt, dass eine Künstlerin zu uns ins Institut gekommen ist, um ihre Kunst in die virtuelle Realität zu bringen. Dann haben wir uns zusammengesetzt und ein Brainstorming gemacht, um zu sehen, wie sich das machen lässt. So hat es begonnen", erklärt Sevinc Eroglu.
Das war bereits 2019. Entstanden ist die Computeranwendung "Rilievo". "Meine Forschung konzentriert sich darauf, immersive Anwendungen zu entwickeln. Für Künstler, Ingenieure, Lehrer. Ich versuche, dass die Anwendungen so einfach und so intuitiv wie möglich zu bedienen sind. Es hat richtig Spaß gemacht!"
In ihrer Art einzigartig ist die Anwendung, die an der RWTH entwickelt wurde. Doch es scheint erst der Anfang einer spannenden Reise zu sein. Kann vielleicht das eigene Ich in diese virtuellen Welt integriert werden? Daran und an vielen anderen Ideen arbeiten die Wissenschaftler Sevinc und Patric in Aachen und die Künstlerin Jana in Eupen. Fortsetzung folgt.
Öffnungszeiten
Wer auch einmal durch die Werke von Jana Rusch fliegen möchte, der kann das an diesem Wochenende tun: Der Showroom für Virtuelle Realität ist diesen Freitag ab 19:00 Uhr geöffnet. Geöffnet ist auch diesen Sonntag, den 9. Oktober, von 16:00 bis 18:00 Uhr.
Auch beim nächsten Wochenende der offenen Kunstateliers ("Open Art Sunday") ist (Non)Utopia geöffnet: Am Freitag, 4. November, ab 19:00 Uhr sowie am Sonntag, 6. November, von 13:00 bis 17:00 Uhr.
Geöffnet ist auch jederzeit auf Terminvereinbarung. Weitere Infos auf der Webseite von Jana Rusch.
Simonne Doepgen
Interessant, wäre das ganze auch Online besuchen zu können.
Ich habe selbst eine VR Brille (sogar das gleiche Modell) und könnte mir sowas im eigenen Wohnzimmer gut vorstellen.