Er hat seine Kunst auf den Punkt gebracht. Die Comic-Gemälde von Roy Lichtenstein (1923-1997) zählen zu den Meisterwerken der Pop Art und brachten dem US-Amerikaner in den 60er Jahren den Durchbruch. Rund 100 großformatige Gemälde aus der gesamten Schaffenszeit des Künstlers sind nun im Museum Ludwig in Köln zu sehen - und zeigen dabei ganz besonders, wie Lichtenstein Werke von Pablo Picasso, Paul Klee, später Paul Cézanne oder Henri Matisse «verarbeitete» und Stile wie Futurismus oder Surrealismus aufnahm. Dorothy Lichtenstein, Witwe des Malers, verrät: «Picasso war ganz sicher sein Lieblingskünstler.»
Und so hat Lichtenstein auch Picasso auf den Punkt gebracht, wie etwa das Bild «Frolic» (1977) in der Kölner Ausstellung «Roy Lichtenstein. Kunst als Motiv» zeigt. Ein weiblicher Akt im Comic-Stil Lichtensteins, der aber doch sofort an Picasso denken lässt. Ebenso wie «Nude On The Beach» («Nackte am Strand»), eine irgendwie geschmolzen wirkende Figur, die vor allem schmunzeln lässt. Lichtenstein sei einer der scharfsinnigsten, intelligentesten Künstler gewesen, und in seinen Arbeiten blitze immer Humor und feine Ironie durch, meint Museums-Direktor Kasper König.
Lichtenstein kopierte andere Künstler oder Stilrichtungen nicht, er nutzte sie quasi als Steinbruch für eigene Neuschöpfungen. «Alle denken immer nur an Cartoons, wenn sie Lichtenstein hören, aber er hat viel mehr gemacht», betont Dorothy Lichtenstein. «Er hat sich damit befasst, wie die Menschen die Dinge sehen und wie sie die Kunst sehen. Alles, was er gesehen hat, hat er zu Kunst gemacht.»
Auf den ersten Blick lassen die Gemälde der Schau (bis 3. Oktober) auch an Kubismus oder Expressionismus denken. Die Bilder bestehen aber immer aus den gepunkteten, gestreiften oder einfach einfarbigen Flächen, getrennt durch die schwarzen, dicken Striche à la Lichtenstein.
Ihr Liebling-Gemälde sei ein «Selbstporträt» von 1978 aus einer Privatsammlung, verrät die Witwe der Nachrichtenagentur dpa. «Es grenzt an Surrealismus. Ein Bild nur aus einem T-Shirt und einem Spiegel statt Kopf. Das ist konzeptionell mein Favorit.» Auch vor dem riesigen Gemälde «Cosmology» (1978) bleibt sie länger stehen, das werde sicher viele Besucher begeistern: «Es ist sehr komplex, etwas surreal. Ein Stuhl steht da zusammenhanglos, ein Schweizer Käse. Eine wunderbare Gesamtkomposition.» Die Amerikanerin ist Vorsitzende der Lichtenstein Foundation, die für die Schau mit dem Museum kooperierte.
König sagt, die Arbeiten des Pop-Art-Meisters wirkten oft bewusst plakativ und «einfach konsumierbar», zeigten aber zugleich seine scharfe Beobachtungsgabe. Das Museum hat vor der Schau «Tall Mountains» aus dem Spätwerk neu erwerben können. Es erinnert an fernöstliche Landschaftsmalerei und hängt an einem Ehrenplatz. Das Kölner Haus besitzt jetzt rund 20 Lichtensteins, darunter auch die weltberühmte Blondine aus dem Bild «M-Maybe» (1965). Kurator Stephan Diederich: «Gehört zu den Publikumslieblingen - die sogenannte Kölsche Mona Lisa.»
Yuriko Wahl (dpa) - Bild: epa