Nick Nolte spürt die Jahre. Besonders nach den Dreharbeiten zu der Buddy-Komödie "Picknick mit Bären" (2015). Als Wanderpartner hetzt er darin beleibt, mit grauem Zottelbart und hochrotem Kopf über Stock und Stein dem bald achtzigjährigen und immer noch drahtigen Robert Redford hinterher.
"Wir sind viel gelaufen", erzählte Nolte im vorigen September dem "Wall Street Journal" über den strapaziösen Dreh. "Gleich danach brauchte ich eine neue Hüfte. Ich habe schon ein künstliches Knie und nun auch eine Ersatzhüfte. Ich werde langsam bionisch", witzelte der Schauspieler in dem Interview. An diesem Montag (8. Februar) wird Nolte 75 Jahre alt.
Die körperlichen Malaisen halten den Schauspieler nicht davon ab, noch immer vor die Kamera zu treten. In dem Action-Thriller "Run All Night" (2015) spielt er den Bruder des alternden Gangsters Jimmy Conlon (Liam Neeson), in dem Bibel-Epos "Noah" (2014) ist er ein gefallener Engel, in "Gangster Squad" (2013) ein bulliger, stiernackiger Polizeichef. Als Ex-Boxer und Ex-Alkoholiker Paddy Conlon in dem Film "Warrior" (2012) legt Nolte eine bewegende Vaterrolle hin, sie brachte ihm seine dritte Oscar-Nominierung ein.
Zehn Jahre zuvor stand er ebenfalls im Rampenlicht: Mit Hawaii-Hemd, zerzaustem Haar und trüben Blick starrte Nolte damals in die Kamera. Das wenig schmeichelhafte Polizeifoto von Hollywoods Haudegen ging 2002 um die Welt. Auf dem Highway nahe seiner Malibu-Villa war er nach einer Schlangenlinienfahrt festgenommen worden. Laut Polizeibericht stand er unter dem Einfluss einer Partydroge. Der ergraute Hüne fand vor den Augen eines Richters noch einmal Gnade: Bewährung statt Knast.
Seither hat Nolte nach eigenem Bekunden Alkohol und Drogen durch Vitaminspritzen und Fitness-Kurse ersetzt. Und durch eine späte Vaterschaft. Mit 66 Jahren wurde der dreifach geschiedene Schauspieler noch einmal Vater. 2007 brachte seine langjährige Freundin Clytie Lane Töchterchen Sophie zur Welt. Noltes Sohn Brawley aus einer früheren Ehe ist 29 Jahre alt.
Kind vom Lande
Nolte wurde am 8. Februar 1941 im ländlichen Nebraska geboren. "Ich erinnere mich an die Angst der Erwachsenen", sagte er dem "Wall Street Journal" über die Kriegsjahre. Seinen Vater habe er bis Ende 1945 nicht gesehen. Das echte Leben habe er als "beängstigend" empfunden. Es folgte die Flucht vor der Realität auf die Bühne.
Jahrelang tingelte der große Blonde mit dem zerfurchten, markanten Gesicht mit einem Wandertheater durch die Vereinigten Staaten. Erst mit 35 Jahren gelang dem "Spätzünder" (Nolte über Nolte) der Durchbruch, zunächst im Fernsehen, dann im Kino mit dem Unterwasser-Thriller "Die Tiefe" und dem Cop-Streifen "Nur 48 Stunden". Das US-Magazin "People" kürte ihn 1992 zum "Sexiest Man Alive", im gleichen Jahr kam die erste Oscar-Nominierung für seine Rolle als Footballtrainer in "Herr der Gezeiten", der einer Psychiaterin (Barbra Streisand) sein Innerstes offenbart.
Nolte liebt schwierige Charaktere wie den Fotoreporter Russell Price in "Under Fire" oder den trinksüchtigen Kleinstadt-Sheriff Wade Whitehouse in dem Film "Der Gejagte", eine Rolle, die ihm 1999 eine weitere Oscar-Nominierung einbrachte. Seine Lebensweisheit: "Mein bester Ratschlag, lerne zu verlieren", sagte Nolte vor einem Jahr dem US-Männermagazin "GQ". Nur durch Verlust wachse man, lerne Demut und finde am Ende sein Glück. "Nur weil ich jeden Tag weine, heißt das nicht, dass ich nicht auch jeden Tag lache".
Von Barbara Munker, dpa - Archivbild: Paul Buck/AFP