Nach heftiger Kritik an der Oscar-Akademie über die einseitige Auswahl der diesjährigen Oscar-Anwärter zieht der Filmverband Konsequenzen. Durch neue Mitgliedsregeln und eine Erweiterung des Vorstands soll mehr Vielfalt geschaffen werden.
Am Freitag (Ortszeit) kündigte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences «historische» Maßnahmen an, um mehr Frauen und Minderheiten in die über 6.000 Mitglieder starke Organisation aufzunehmen. Damit reagierte die Akademie auf die wachsende Kritik über die jüngste Nicht-Nominierung schwarzer Talente für die Oscars. Zum zweiten Mal in Folge hatten die Wähler der Film-Akademie Afroamerikaner in den vier Schauspielkategorien für den wichtigsten Filmpreis der Welt völlig übersehen.
Stars wie Spike Lee und das Schauspielehepaar Will und Jada Pinkett Smith kündigten in den letzten Tagen an, der Oscar-Gala am 28. Februar aus Protest fernzubleiben. Zahlreiche Filmschaffende, darunter die Oscar-Preisträger George Clooney und Lupita Nyong'o, forderten Veränderungen in der Akademie. Andere riefen zu einem Boykott der Show auf.
Laut Mitteilung stimmte der Vorstand der Akademie nun für neue Regeln, mit dem Ziel, die Zahl von Frauen und Minderheiten bis zum Jahr 2020 zu verdoppeln. Das bisherige lebenslange Stimmrecht soll auf zehn Jahre beschränkt werden. Eine Verlängerung ist nur dann möglich, wenn das Mitglied weiter aktiv im Filmgeschäft tätig ist. Bei der jährlichen Berufung neuer Mitglieder soll aus einem vielfältigeren Pool mit Augenmerk auf Minderheiten geschöpft werden. Zudem soll der 51-köpfige Vorstand um drei neue Posten erweitert werden.
Dem Fachblatt «Hollywood Reporter» zufolge gehören derzeit nur 17 Frauen dem Vorstand an, die Akademie-Vorsitzende Cheryl Boone Isaacs sei die einzige Afroamerikanerin. Über die Oscar-Nominierungen und die Gewinner entscheiden die Mitglieder der Oscar-Akademie. 94 Prozent der Stimmberechtigten seien weiß, 77 Prozent männlich, das Durchschnittsalter liege bei 62 Jahren, ermittelte die «Los Angeles Times» im Jahr 2012.
Die schwarze US-Regisseurin Ava DuVernay (43, «Selma») begrüßte die Ankündigung der Akademie am Freitag als «einen guten Schritt auf einem langen, schwierigen Weg für farbige Menschen und Frauen». Auf Twitter fügte sie hinzu, dass die Bitten der Minderheiten bei der Akademie seit Jahrzehnten auf taube Ohren gestoßen seien. «Selma» habe nun wohl den Anstoß gegeben. DuVernays Historienepos, ein Porträt des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King, hatte 2015 eine Oscar-Nominierung als bester Film erhalten. Hauptdarsteller David Oyelowo und sie selbst als Regisseurin waren bei den Nominierungen aber leer ausgegangen.
dpa/est/jp - Bild: Mark Ralston (afp)