Eigentlich ist es ein Wunder, dass Ed Harris kein Star ist. Natürlich, er ist eine feste Größe in Hollywood. Aber obwohl er Charisma hat, obwohl er spielen kann und das in großen Kinofilmen, von "The Rock" bis "Pollock", auch bewiesen hat, obwohl er viermal für den Oscar nominiert war, ist er kein Harrison Ford und kein Tom Hanks und ganz sicher kein George Clooney. Und trotzdem hat er ein Gesicht, das praktisch jeder kennt - und kaum jemand vergisst. Am Samstag (28.11.) wird Harris 65 Jahre alt.
Edward Harris wurde in New Jersey geboren. Das liegt gleich bei New York, ist aber trotzdem tiefe Provinz. Ed war ein Leistungssportler, aber er wollte immer auch schauspielern. Für die Karriere zog er nach Los Angeles und bekam gleich Rollen: Neben Michael Douglas 1978 in "Coma". Neben Charles Bronson 1980 in "Der Grenzwolf". Und dann 1983 im Astronautenepos "Der Stoff, aus dem die Helden sind". Darin spielt er John Glenn, der als erster Amerikaner die Erde umkreist hatte und zum Helden geworden war. Harris wurde mit der Rolle zum Star.
Naja, so ganz eben doch nicht. Er war nun ein vertrautes Gesicht, aber fast immer nur der Nebendarsteller. Etwa als Söldner neben Nick Nolte in "Under Fire". Oder als Nasa-Manager neben Tom Hanks in "Apollo 13". Als Fernsehproduzent neben Jim Carrey in "Die Truman-Show" und als FBI-Agent neben Russell Crowe in "A Beautiful Mind". Und in "The Rock" war er neben Nicolas Cage ein krimineller, aufrechter General. Solch einen Widerspruch kann Ed Harris spielen.
Anerkennung von Kritikern, Ablehnung von Zuschauern
Aber er ließ es sich eben nie nehmen, auch die Filme zu machen, die er wollte. Beethoven spielte er zum Beispiel. Und in "Pollock" porträtierte er im Jahr 2000 Amerikas größten Maler und die Kritiker waren begeistert. Nur an den Kinokassen war der Film ein Debakel. Der Regisseur hatte während der Dreharbeiten einen Kollaps erlitten, weil er auch die Hauptrolle spielte: Ed Harris. Kenner haben immer noch lobende Worte für den Film, aber ein Blockbuster sieht anders aus.
Das gilt auch für "Appaloosa", den zweiten Film, bei dem Harris Regie führte: Anerkennung bei den Kritikern, Ablehnung bei den Zuschauern. Harris hatte wieder eine Hauptrolle gespielt, die andere hatte Viggo Mortensen übernommen. Der Aragorn aus "Herr der Ringe" teilt übrigens das Schicksal mit Harris, mit Sam Neill, Bill Pullman oder Scott Glenn: Große Schauspieler, die große Rollen hatten, die jeder schon irgendwo mal gesehen hat - die aber trotzdem nie zu Megastars wurden.
Vor fünf Jahren sah es in "The Way Back" so aus, als ob Harris ein alter Mann ist. Der halb so alte Colin Farrell spielte ihn in dem Drama um ein paar Männer, die aus einem russischen Gulag fliehen, an die Wand. Aber zwei Jahre später glänzte Harris als Präsidentschaftskandidat John McCain in "Game Change - Der Sarah-Palin-Effekt". Und im Frühjahr war "Run All Night" im Kino. Ein typischer Ed-Harris-Film: Er spielt eine Nebenrolle, er spielt sie brillant - an den Kinokassen war der Film aber nur so lala.
Von Chris Melzer, dpa - Bild: Daniel Joubert/AFP