Auf dem roten Teppich spielen sie die Hauptrolle. Auch am Sonntagabend (22.2.) sind die Scheinwerfer und Kameras wieder auf die Roben, Diamanten und Dekolletés der Hollywood-Frauen gerichtet.
Doch nach der Oscar-Gala ist es mit der "Girl Power" schnell wieder vorbei. "Es ist ein Männerverein und es bleibt ein Männerverein", beklagte die Regisseurin Mimi Leder (63, "Deep Impact") unlängst in der "New York Times" den Mangel an Frauen und an weiblicher Power im Filmgeschäft.
Heldinnen sind die Ausnahme
Natürlich lassen Frauen hin und wieder die Kinokassen klingeln. Mit 24 Jahren hat sich Jennifer Lawrence als Katniss Everdeen in der "Tribute von Panem"-Serie als Heldin nach oben gekämpft. Mit Einnahmen von 335 Millionen Dollar war "Die Tribute von Panem - Mockingjay, Teil 1" im vorigen Jahr der größte Kassenhit in den USA. Dreimal wurde Lawrence schon für einen Oscar nominiert - ein Rekord für ihr Alter. 2013 holte sie den Goldjungen für ihre Hauptrolle in "Silver Linings".
Aber auf der Leinwand sieht es für Frauen nicht gut aus, männliche Protagonisten geben den Ton an. Nur zwölf der 100 erfolgreichsten Hollywood-Filme im vorigen Jahr wurden aus der Sicht einer weiblichen Filmfigur erzählt, wie die jüngst veröffentlichte Studie der Universität von San Diego über Frauenpräsenz im Film zeigt.
Auch bei den Oscars sind Frauen wieder Mangelware. Bei den Regisseuren - auch in den Sparten Animation und ausländischer Film - tritt am Sonntag eine reine Männerriege an. Alle zehn nominierten Drehbuchautoren sind Männer, ebenso alle Komponisten und Kameraleute. Nur eine Frau mischt unter den Dokumentarfilmern mit. Die Amerikanerin Laura Poitras geht in «Citizenfour» dem ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden nach.
Reese Witherspoon rebelliert
Mit ihrer taffen Rolle in dem Wildnisabenteuer "Der große Trip - Wild" könnte Oscar-Preisträgerin Reese Witherspoon ("Walk the Line") zum zweiten Mal Gold holen. Die 38-Jährige legte sich zudem als Produzentin ins Zeug. Sie beschaffte sich die Filmrechte für die Story einer Amerikanerin, die monatelang alleine durch die Wildnis wanderte. Vor gut zwei Jahren gründete Witherspoon ihre eigene Produktionsfirma, aus Frust über den Mangel an guten Frauenrollen.
Sechs ihrer Lieblings-Schauspielerinnen hätten damals um eine "echt beschissene Rolle" in einem Film gekämpft, sagte Witherspoon kürzlich beim Lunchempfang der Oscar-Nominierten: "Wir haben Besseres verdient". Die Schauspielerin hat mit ihrer Firma Pacific Standard Erfolg. Sie produzierte auch den Kino-Hit "Gone Girl- Das perfekte Opfer", mit einer starken Frauenrolle, die der Engländerin Rosamund Pike ihre erste Oscar-Nominierung bescherte.
Frauen hinter der Kamera
Mit ihrem Low-Budget-Film "Tödliches Kommando - The Hurt Locker" schrieb Kathryn Bigelow 2010 Hollywoodgeschichte. Als erste Frau gewann sie mit dem Kriegsfilm den Regie-Oscar. Vor ihr hatten nur Lina Wertmüller, Jane Campion und Sofia Coppola eine Nominierung bekommen. In diesem Jahr wurden zwei Kandidatinnen übersehen. "Selma"-Regisseurin Ava DuVernay wäre die erste schwarze Regisseurin gewesen, Angelina Jolie hätte für das Kriegsdrama "Unbroken" - ihr zweites Regiewerk - nominiert werden können. Sie will weiter hinter der Kamera wirken. In ihrem nächsten Film "By the Sea" tut Jolie noch beides: Sie ist Co-Star von Brad Pitt und gibt zugleich ihrem Ehemann Regieanweisungen. -
Kaum Rollen für ältere Frauen
Alt und weiblich, das ist in Hollywood fast ein Todesstoß. Es sei denn, man ist Meryl Streep. Mit 65 Jahren holte sie als singende Hexe in dem Filmmusical "Into the Woods" jetzt ihre 19. Oscar-Nominierung. "Ich fand diese Rolle einfach meinem Alter angemessen, und die Zeit war reif", sagt sie über ihren Auftritt als graue Hexe. Doch mit 40 Jahren habe sie das Ende ihrer Karriere befürchtet, als ihr damals nur Hexen-Rollen und keine besseren Parts angeboten wurden.
Die Sorgen waren unnötig. Nach ihrem 50. Geburtstag heimste Streep immerhin noch sieben Oscar-Nominierungen ein. Drei Goldjungen hat sie bereits gewonnen, zuletzt 2012 als Margaret Thatcher in "Die Eiserne Lady".
Von Barbara Munker, dpa - Bild: Paul Buck/AFP