Toleranz ist eine prima Sache, so lange man sie nicht selbst aufbringen muss. Das sieht man nun in der oft geradezu wahnwitzigen französischen Komödie "Monsieur Claude und seine Töchter" ("Qu'est-ce qu'on a fait au Bon Dieu?") am Ehepaar Verneuil.
Drei der Töchter haben schon Männer aus fremden Kulturen in die Familie gebracht. Die Verneuils haben das mühsam akzeptiert. Als die vierte Tochter nun aber einem Schwarzafrikaner das "Ja"-Wort geben will, sind die Eltern völlig überfordert und Chaos bricht aus.
Komödien rund ums Thema "Clinch der Kulturen" gab es in den vergangenen Jahren viele. Den bisher größten Erfolg verbuchte die französische Farce "Ziemlich beste Freunde". Nun legt Regisseur Philippe de Chauveron mit "Monsieur Claude und seine Töchter" noch eins drauf. Er treibt die Auseinandersetzung um das komplizierte Miteinander von Menschen verschiedenster Herkunft mit oft gallebitterem, schlagfertigem Witz auf die satirische Spitze.
Schwarzhumorig geht es zu: Das konservative Ehepaar Claude und Marie Verneuil (Christian Clavier und Chantal Lauby) hat sich halbwegs daran gewöhnt, dass die drei Schwiegersöhne ihre Herkunft in der Fremde haben, einer in China, einer in Israel, einer in Arabien. Sie hoffen, dass wenigstens die vierte Tochter einen braven katholischen Franzosen als Partner wählt. Doch deren Liebe gehört einem Schwarzafrikaner. Das ist zu viel, Vater Claude will die anstehende Hochzeit unbedingt verhindern. Und ihm fällt einiges dazu ein.
Mit den Verneuils rückt die herrlich überdrehte Komödie ein typisches bürgerliches Ehepaar mitteleuropäischer Herkunft in der zweiten Lebenshälfte ins Zentrum: Sie könnten sicher keiner Seele etwas zuleide tun und hegen auch niemals Ressentiments gegenüber Menschen anderer Hautfarbe, Religion oder Kultur - so lange diese Menschen ihnen nicht zu nahe kommen. Doch da die Töchter Männer aus der Fremde wählen, sehen die braven Katholiken Verneuil ihre Werte bedroht und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.
Die Ausgangsidee der Story erinnert an den berühmten Hollywood-Klassiker "Rat mal, wer zum Essen kommt" (1967) von Regisseur Stanley Kramer. Darin spielte der legendäre Spencer Tracy in seiner letzten Rolle einen vorgeblich liberalen Vater, der die Verbindung seiner Tochter mit einem Schwarzen um jeden Preis unterbinden will. Doch wo Kramer sehr zurückhaltend und gelegentlich auch sentimental Gleichberechtigung einklagte, veralbert der knapp ein halbes Jahrhundert später entstandene französische Spielfilm alle Klischees und Vorurteile, auch die von den herzigen Gutmenschen.
Satirische Schläge werden dabei gelegentlich im Sekundentakt in jede kulturelle Richtung verteilt. Die Skala der Gags reicht von eigenwilligem asiatischen Essen, über merkwürdige jüdische Kampfsporttechniken, bis zu arabischen Geschäftsgepflogenheiten und afrikanischen Frauenbildern. Dabei wird deutlich: Nur weil man ein multikulturelles Miteinander lebt, muss man nicht alle Unterschiede im Denken und Empfinden negieren. Im Gegenteil. Seid froh, dass ihr anders ausseht, anders redet, anders denkt, so die kluge Botschaft.
Der Witz wird völlig überdreht, wenn die Schweigerväter in spe aus Frankreich und der Elfenbeinküste aufeinandertreffen und aneinandergeraten. Von alten Vorurteilen dem jeweiligen Gegenüber besessen, wollen sie die Heirat ihrer Kinder auf jeden Fall verhindern. In ihrem Versuch dazu müssen sie allerdings erkennen, dass sie sich trotz aller äußeren Unterschiede in ihrem Wesen einander doch ähneln wie ein Ei dem anderen. Das ist derart komisch, dass man als Zuschauer im Kinositz tatsächlich Tränen lacht.
Von Peter Claus, dpa - Bild: Valery Hache/AFP