Bei meinen Bemühungen, im Vorfeld der Oscar-Verleihung am nächsten Sonntag möglichst viele der nominierten Filme zu sehen, habe ich mir so manchen Streifen angeschaut, der mich nicht wirklich überzeugt hat. Hier sind vier davon:
Moneyball
Der schlimmste von allen war "Moneyball" mit Brad Pitt.
Es hat wohl auch damit zu tun, dass ich mich nicht für Sport interessiere und nichts von Baseball verstehe, aber die Tatsache, dass trotz des Titels in keinster Weise hinterfragt wurde, wie sehr Geld die Welt des Profi-Sports regiert, sondern dass es völlig normal ist, wenn Spieler quasi während des Spielens wie Mastvieh verkauft werden, hinterließ bei mir einen sehr unangenehmen Beigeschmack.
Brad Pitt und Jonah Hill spielen ihre Rollen gut, aber der Film, der kaum Baseball-Szenen zeigt, ist eigentlich nur eine Aneinanderreihung von Diskussionen in tristen Büros und Umkleideräumen, was kinomäßig nicht viel hergibt. Man muss wohl Amerikaner sein, um zu verstehen, wie dieser Film zu sechs Nominierungen gekommen ist, darunter bester Film und bestes Drehbuch (?!). In Belgien und Deutschland wollte den Film auf jeden Fall niemand sehen.
War Horse
Vorsicht Kitsch, warnten die europäischen Filmkritiker, und tatsächlich überschreitet Steven Spielberg mehr als einmal die Grenze zum Nicht-Erträglichen. Dabei gibt es eine Reihe von Szenen, die durchaus gelungen sind und einmal mehr das Handwerk des Herrn Spielberg beweisen. Nur schade, dass es manchmal so scheint, als habe er seine Kunst auf Autopilot geschaltet.
Das Hauptproblem ist aber, dass es nicht zu dem märchenhaften Charakter der Geschichte um das mutige Pferd im Ersten Weltkrieg passt, wenn die Kriegsszenen so realistisch dargestellt werden. "War Horse" ist nicht "Saving Private Ryan" und daher wäre ein anderer Stil angebracht gewesen. Außerdem besteht der Film aus mehreren Segmenten, die von der Atmosphäre her nicht zueinander passen und dem Ganzen seine Einheitlichkeit nehmen. Kurzum: "War Horse" bietet gleichzeitig The Best and the Worst of Steven Spielberg.
Hugo
Der meistnominierte Film in diesem Jahr ist dieses Märchen von Martin Scorsese um einen kleinen Jungen, der in den Kulissen eines großen Pariser Bahnhofs lebt und dabei auf den Filmpionier Georges Méliès trifft. Martin Scorsese - ein Märchen? Das passt nicht wirklich zueinander, und in der Tat ist "Hugo" ein Paradebeispiel für das, was dieser Regisseur am besten kann, nämlich mit großartigen Bildern (hier in 3D) eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen, und was er noch nie konnte, nämlich seinen Geschichten etwas Herz zu verleihen.
Scorseses berühmteste Filme sind eiskalte Porträts von Losern (Gangster, Boxer, Psychopathen) und so verwundert es nicht, dass auch die Figuren in "Hugo" erstaunlich distanziert gezeichnet worden sind. Scorsese kümmert sich mehr um Ausstattung, Kamerafahrten und Schnitttechnik als um die Seele seiner Schauspieler und wenn er dann meint, auf die Tränendrüsen drücken zu müssen, wirken seine Bemühungen aufgesetzt. Dazu passt, dass, wenn alle Oohs und Aahs ob der opulenten Bilder verklungen sind, man feststellt, dass das Drehbuch eigentlich auf die Rückseite einer Briefmarke gepasst hätte.
Beginners
Letzten Sommer schon wurde dieser Film in den Kinos gezeigt. Kaum dass ich ihn gesehen hatte, wurde er schon aus dem Programm genommen, und so habe ich damals auf eine Besprechung verzichtet. Aber weil Christopher Plummer jetzt der Favorit für den Nebenrollen-Oscar ist, komme ich kurz auf den Film zurück.
Ewan McGregor spielt einen Mann auf emotionaler Identitätssuche, dessen alter Vater plötzlich aus dem Schrank kommt und sich zu seiner Homosexualität bekennt. Beide sind also "Beginners" und müssen versuchen, ihren Weg zu finden.
Wenn ich an den Film zurückdenke, ist mir vor allem eine merkwürdige Stimmung im Gedächtnis geblieben, die dazu führte, dass ich mich mit den Personen nicht wirklich anfreunden konnte. Alles war irgendwie verhalten, Ewan McGregor agierte wie unter einer Käseglocke und es war mir eigentlich ziemlich egal, ob er zu sich finden würde oder nicht.
Auch der Vater war nicht viel mehr als eine Karikatur und es ist erstaunlich, dass die Oscars Christopher Plummer erst jetzt ehren wollen, nachdem er in den letzten fünfzehn Jahren einer der meistbeschäftigten und angesehensten Nebendarsteller war. Für mich hätte er schon im Jahre 2000 einen Oscar verdient für seine Rolle des Fernsehjournalisten in "The Insider" mit Al Pacino und Russell Crowe, aber da war er nicht einmal nominiert.
Frank Vandenrath - Bild: Tomoyuki Kaya (epa)