Die Taviani-Brüder zeigten mit "Cäsar muss sterben" ("Cesare deve morire") ein Filmessay über Schwerverbrecher, die in der Haft Shakespeares "Julius Cäsar" proben und aufführen. Ein weitgehend in Schwarz-Weiß gedrehter Film, der den Zuschauer tief in die Seele der Menschen blicken lässt.
Bereits zum achten Mal wurde ein italienischer Film mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Zuletzt erhielt 1991 Marco Ferreri für "Das Haus des Lächelns" den Preis. "Cäsar muss sterben" wurde auch mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet.
Die Berlinale-Jury unter Vorsitz des britischen Regisseurs Mike Leigh verbeugte sich mit ihrer Entscheidung vor den Regie-Altmeistern Paolo (80) und Vittorio Taviani (82), zu deren Werk Filme wie "Mein Vater, mein Herr", "Die Nacht von San Lorenzo" und "Good morning, Babylon" gehören. Als Favoriten gehandelte Filme wie "Barbara" und sehr politische Regiearbeiten aus Ungarn und der Schweiz mussten sich mit Silbernen Bären begnügen.
Paolo Taviani sagte über den Gewinnerfilm: "Wir hoffen, dass die Zuschauer, wenn sie nach Hause gehen, sagen können, dass auch ein Häftling, auf dem eine große Strafe lastet, zum Beispiel lebenslänglich, dass der auch ein Mensch ist und bleibt." Dank der Worte von Shakespeare sei es den Häftlingen möglich gewesen, wieder neu zu leben. "Das waren nur wenige Tage, aber sie sind mit großer Leidenschaft verbunden. Und sie grüßen wir in diesem Augenblick", so Taviani bei der Preisverleihung. In Italien wurde der Goldene Bär gefeiert. "Das ist ein positives Signal für das Land", sagte Kulturminister Lorenzo Ornaghi.
Darstellerpreise
Die Silbernen Bären für die beste Schauspielerleistung gingen an Darsteller aus Dänemark und dem Kongo. Die erst 14-jährige kongolesische Laiendarstellerin Rachel Mwanza wurde für ihre Rolle einer Kindersoldatin in dem Film "Rebelle" des kanadischen Regisseurs Kim Nguyen geehrt. Der Däne Mikkel Boe Folsgaard erhielt den Preis für seine Leistung in dem Kostümfilm "Die Königin und der Leibarzt" von Nikolaj Arcel. Darin spielt Folsgaard den dänischen König Christian VII.. Zusammen mit Rasmus Heisterberg bekam Regisseur Arcel auch den Preis für das beste Drehbuch.
Einen Silbernen Bären holte der ungarische Film "Nur der Wind" ("Csak a szél"). Regisseur Bence Fliegauf erhielt für sein aufwühlendes Werk den Großen Preis der Jury. Sein Film erzählt nach realen Ereignissen von einer Mordserie an Roma-Familien in einem ungarischen Dorf.
Regiepreis für Petzold
Christian Petzold, der auch als Favorit für den Goldenen Bären gehandelt worden war, erhielt für sein DDR-Drama "Barbara" mit Nina Hoss in der Hauptrolle den Preis für die beste Regie. Schauplatz ist die DDR-Provinz im Jahr 1980. Hoss spielt eine Ärztin, die nach einem abgelehnten Ausreiseantrag an Republikflucht denkt. Als sie einen Klinikkollegen kennenlernt, der sie schätzt und gern hat, geraten ihre Pläne durcheinander.
Als Überraschung erhielt auch die mit einer lobenden Erwähnung geehrte Schweizer Regisseurin Ursula Meier für ihr Sozialdrama "L'Enfant D'En Haut" (Das Kind von oben) einen Silbernen Bären. Meiers Film galt als einer der großen Anwärter auf den Goldenen Bären. Den Alfred-Bauer-Preis nahm der Portugiese Miguel Gomes für seinen Schwarz-Weiß-Film "Tabu" entgegen. Der nach dem ersten Festivaldirektor benannte Preis wird an Werke verliehen, die neue Perspektiven der Filmkunst eröffnen.
Von Elke Vogel und Aliki Nassoufis, dpa - Bild: Johannes Eiseler, afp