Wir kennen Michael Fassbender aus "Inglourious Basterds", "X-Men First Class" und "A Dangerous Method – Eine dunkle Begierde".
In "Shame" spielt er einen erfolgreichen Business-Agenten, dessen Gedanken Tag und Nacht um Sex kreisen. Ob mit sich selbst, im Internet, mit Prostituierten, Frauen, die er in der U-Bahn aufreißt, oder auch Männern, wenn gerade keine Frau zu haben ist, Brandon Sullivan ist unentwegt sexuell aktiv.
Seine "Idylle", die allerdings keinen Platz für Gefühle lässt, wird jäh gestört, als seine entwurzelte Schwester (eine großartige Carey Mulligan) sich bei ihm einquartiert. Plötzlich gerät seine Routine aus den Fugen und als sich dann auch noch eine Kollegin an ihn ranmacht, die mehr will als nur Sex, muss sich der einsame Wolf in Frage stellen.
Selten präsentiert ein Kinofilm sexuelle Themen so freizügig wie "Shame". Dabei wirft der Regisseur, ein Namensvetter des Schauspielers Steve McQueen, einen eher klinischen Blick auf sein Thema und überlässt es dem Zuschauer, wie er mit dem Gezeigten umgehen will.
"Shame" ist ein heftiges Kinoerlebnis und ich glaube nicht, dass Michael Fassbender seinen Darstellerpreis aus Venedig und seine Golden-Globe-Nominierung in eine Oscar-Nominierung wird umwandeln können. Dafür sind die Mitglieder der Academy in der Regel zu konservativ. Denken wir nur daran, wie sie sich nicht getraut haben, "Brokeback Mountain" zum besten Film des Jahres zu küren.
Wenn man aber sieht, was Michael Fassbender in der letzten Zeit für Filme gedreht hat, dann dürfte es nicht zu riskant sein, diesem mutigen und begabten Schauspieler eine große Zukunft vorauszusagen.
Frank Vandenrath - Bild: Claudio Onorati (epa)