Nachdem ich mit dem vorletzten Harry-Potter-Film so meine Probleme hatte, muss ich sagen, dass der letzte Film wieder durchaus gelungen ist und die Reihe zu einem würdigen Abschluss bringt. Wie immer hatte ich das Buch nicht gelesen und kann daher nur als Kinogänger sprechen.
Mit 130 Minuten ist "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2" übrigens der kürzeste von allen Harry Potter-Filmen und ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass man aus dem siebten Buch ruhig einen Film hätte machen können, ohne storymäßig Schiffbruch zu erleiden. Das hätte uns die vielen Längen in 7.1 erspart.
Jetzt aber geht es wieder in die Vollen: Der aktuelle Film kennt kaum Verschnaufspausen, beantwortet die offenen Fragen und beschert uns ein Wiedersehen mit fast allen Charakteren aus der Harry-Potter-Saga. Das Wichtigste: Er spielt wieder in der Zauberschule Hogwarts, da, wo die Fäden zusammenlaufen und alles seinen Anfang genommen hatte.
Verschiedene Ebenen
Der Film funktioniert auf verschiedenen Ebenen: Er ist eine "Heroic Fantasy", in der Gut und Böse aufeinanderknallen, er bedient die romantischen Bedürfnisse der Teenie-Zuschauer und er ist eine gelungene Parabel über das Erwachsenwerden. Es ist äußerst selten, dass man junge Schauspieler bei ihrem Heranwachsen so genau beobachten und hautnah miterleben kann, wie aus Kindern Leute werden. Je älter die Kids wurden, umso ernster wurde die Geschichte, umso düsterer der Hintergrund.
Nicht dass alle Jugendlichen es in ihrer Pubertät mit einem Lord Voldemort aufnehmen müssen, aber es ist schon etwas dran, wenn aus unbeschwert spielenden Kindern zweifelnde Erwachsene werden, die Fragen nach ihrer Herkunft stellen und sich entscheiden müssen, welchen Platz sie im Leben einnehmen wollen. Und es ist interessant, zu beobachten, wie die verschiedenen Figuren mit diesem Thema umgehen.
Selbst der Held Harry Potter hat immer wieder seine Phasen gehabt, in denen er an sich selbst und dem größeren Ganzen, das er nicht verstand, zweifelte. Ron Weasley wird regelmäßig von mangelndem Selbstbewußtsein und Eifersucht gequält, während Hermine Granger unbeirrt immer mutig und konsequent zu sein scheint. Draco Malfoy, der angeberische Schnösel, ist der tragische Gegenpart zu Potter und seinen Freunden und dient den Lesern und Zuschauern als Beispiel dafür, wie es ist, wenn man die Suppe, die man sich eingebrockt hat, nicht auslöffeln kann. Und Neville Longbottom, der Gute, wächst in der letzten Episode weit über sich hinaus und legt Kräfte frei, die man bei ihm nicht vermutet hätte.
Boom
Meine Lieblingsfigur allerdings ist die von Professor Minerva McGonagall. Die zweifache Oscar-Preisträgerin Dame Maggie Smith hat im letzten Teil ein paar Szenen, in denen sie voll aufdrehen kann. Nicht nur kann keiner wie sie die Namen der vier Begründer von Hogwarts aussprechen (Hören Sie sich das, ich glaube im zweiten Film, ruhig mal auf Englisch an!), jetzt hat sie eine diebische Freude daran, ihren Widersachern endlich mal offen die Stirn zu bieten. Ihr "Boom (Frag' doch Seamus, der kennt sich mit so etwas aus)" dürfte in die Geschichte der besten Filmzitate aller Zeiten eingehen.
Merkwürdigerweise ist "Harry Potter" im Gegensatz zum "Herrn der Ringe" nie für viele Oscars nominiert worden. Sein Makel war wohl, dass er von den Oscar-Juroren zu sehr als Kinderfilm wahrgenommen wurde. Das könnte sich vielleicht ändern. Es ist in der Tat möglich, dass der letzte Film dieser Reihe, die ja schon lange den Kinderschuhen entwachsen ist, stellvertretend für alle seine Vorgänger im nächsten Winter als bester Film nominiert wird. Wait and see.
Frank Vandenrath - Bild: Daniel Deme (epa)