Es fühlt sich an wie bei Emile Zola: Ein 17-jähriges Mädchen auf dem Lande hat die Veranwortung für die beiden jüngeren Geschwister und die apathische Mutter, während der Vater auf Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist und dabei die Kate und das bisschen Land seiner Familie aufs Spiel setzt.
Ree hat nur eine Chance: Sie muss den Vater finden und ihn davon überzeugen, seinen nächsten Gerichtstermin nicht sausen zu lassen. Bei ihren Recherchen stößt sie allerdings auf eine Mauer aus Schweigen: Die anderen Dorfbewohner, die alle irgendwie mit ihr verwandt sind, machen ihr ziemlich schnell klar, dass es besser ist, die Suche nicht fortzusetzen. Wo ist der Vater? Was ist mit ihm geschehen? Warum soll er nicht gefunden werden?
Die Geschichte spielt übrigens in der Gegenwart in einem Teil der Vereinigten Staaten, der irgendwie vom sogenannten Fortschritt vergessen worden ist, bei den "Hillbillies" eben, wie sie verächtlich von den Städtern genannt werden.
Eine junge Schauspielerin namens Jennifer Lawrence spielt die Hauptrolle in diesem sehenswerten Drama und sie tut das mit einer solchen Ausdruckskraft, dass sie neben Natalie Portman, Annette Bening, Nicole Kidman und Michelle Williams für den weiblichen Hauptrollen-Oscar nominiert worden ist. Der Film ist auch einer von zehn besten Filmen des Jahres, das Drehbuch ist nominiert und John Hawkes ist in der Rolle des Onkels, der mehr weiß, als er zugeben will, als bester Nebendarsteller im Rennen.
Der Film begann seine Karriere im Januar 2010, als er den großen Preis des Filmfestivals von Sundance gewann. Dieses von Robert Redford begründete Festival des "Unabhängigen Films" ist schon mehrmals zum Sprungbrett für Filme geworden, die ansonsten vielleicht komplett untergegangen wären.
Zu den ausgezeichneten der letzten Jahre gehören Filme wie "Precious", "Frozen River", "Maria full of grace", "American Splendor" oder "In the bedroom", die es dann tatsächlich geschafft haben, in der einen oder anderen Kategorie für einen Oscar nominiert zu werden. Was beweist, dass es unter den Mitgliedern der Academy auch neugierige Menschen gibt, die bereit sind, sich mal jenseits der vorgegebenen Trampelpfade auf die Suche nach Qualität und neuen Talenten zu machen.
Und das führt dazu, dass die Filme dann auch bei uns in den Kinos zu sehen sind. Falls Sie also Lust auf einen atmosphärisch sehr dichten Film haben, der sowohl Krimi als auch Milieu-Studie ist und mit einer Reihe von unbekannten, aber sehr überzeugenden Darstellern aufwartet, dann sind Sie bei "Winter's Bone" an der richtigen Adresse.
Frank Vandenrath - Bilder: epa