Danny Boyle hat wieder zugeschlagen: der britische Regisseur von so bemerkenswerten "Fühl-Gut"-Filmen wie "Kleine Morde unter Freunden", "Trainspotting", "The Beach" und "Slumdog Millionaire" ist bei seiner Suche nach ungewöhnlichen Motiven auf die wahre Geschichte des Aron Ralston gestoßen.
Dieser junge Mann, der immer gut drauf ist und nichts lieber tut als alleine durch Felsenlandschaften zu kraxeln, gerät im April 2003 in eine sehr missliche Lage, als bei einem Absturz sein rechter Arm von einem schweren Felsblock eingeklemmt wird. Mehr als fünf Tage und Nächte verbringt Ralston in der Felsspalte, ohne Essen und Trinken und den sicheren Tod vor Augen. Dann trifft er eine schwierige Entscheidung ...
James Franco ("Spider Man", "Milk" und "Eat Pray Love") spielt den unglücklichen Bergsteiger und hat dafür seine erste Oscar-Nominierung erhalten. Er wird daher bei der Verleihung am 27.02. gleich in zwei Rollen schlüpfen, nämlich in die eines Nominierten und in die des Co-Moderators.
Die ersten zwanzig Minuten des Films sind atemberaubend. Weil man weiß, dass der "Held" des Films bald abstürzen wird, aber nicht weiß, wann und wo, entwickelt Danny Boyle mit allen ihm zur Verfügung stehenden Tricks eine rasante an die Nieren gehende Adrenalin-Spirale.
Doch nach dem Absturz steht der Film vor einem Dilemma: Eine Stunde lang werden wir in Gesellschaft des Eingeschlossenen verbringen, doch, statt seine Kamera zur Ruhe kommen zu lassen und den Horror leise und allmählich auf den Zuschauer wirken zu lassen, vertraut Boyle weiter auf Action und schnell wechselnde Einstellungen. Action, werden Sie sagen, was denn für Action? Boyle mischt in die Beobachtung des "Alltags" des Opfers Erinnerungen an frühere Zeiten, Wahnvorstellungen, Außenaufnahmen vom Canyon mit prächtigen Wetterveränderungen, also allerlei Schnick-Schnack, der nur ablenkt und das Drama wesentlich "verwässert".
Aber vielleicht war das auch Absicht, vielleicht wollte Boyle den Horror seinen Zuschauern nicht wirklich zumuten, vielleicht hat er befürchtet, dass eine statische Kamera den modernen ADS-geschädigten Zuschauer in die Flucht treiben würde. Vor der eigentlichen Horror-Szene am Ende hat er aber nicht gekniffen. Ich kann allerdings nicht sagen, ob sie gelungen ist. Ich habe nämlich die Augen geschlossen ...
Frank Vandenrath - Bild: epa