Inzwischen gibt es ja soviele Kritikervereinigungen, die in den Wochen vor den Oscars ihre Filmlieblinge des Jahres küren, dass man tagelang über nichts anderes berichten könnte. Das verwässert das Vergnügen enorm und daher beschränke ich mich auf die Preise der New Yorker Filmkritiker, die seit 1935 aktiv sind, und auf die Golden Globes, die von den in Hollywood tätigen Auslandsjournalisten vergeben werden.
Letztes Jahr ergab sich folgendes Bild:
New York: The Hurt Locker - Kathryn Bigelow - George Clooney - Meryl Streep - Christoph Waltz - Mo'nique
Golden Globes (Drama): Avatar - James Cameron - Jeff Bridges - Sandra Bullock - Christoph Waltz - Mo'nique
Oscars: The Hurt Locker - Kathryn Bigelow - Jeff Bridges - Sandra Bullock - Christoph Waltz - Mo'nique
Sie sehen, mehr braucht man nicht wirklich im Bereich der Vorhersagen.
In diesem Jahr ist der Stand der Dinge folgender:
New York
Bester Film: The Social Network
Beste Regie: David Fincher (The Social Network)
Bester Hauptdarsteller: Colin Firth (The King's Speech)
Beste Hauptdarstellerin: Annette Bening (The Kids are all right)
Bester Nebendarsteller: Mark Ruffalo (The Kids are all right)
Beste Nebendarstellerin: Melissa Leo (The Fighter)
Golden Globe-Nominierungen
Bester Film und Regie:
- Black Swan - Darren Aronofsky
- The Fighter - David O. Russell
- Inception - Christopher Nolan
- The King's Speech - Tom Hooper
- The Social Network - David Fincher
Bester Hauptdarsteller (Drama):
- Mark Wahlberg (The Fighter)
- Colin Firth (The King's Speech)
- Jesse Eisenberg (The Social Network)
- James Franco (127 Hours)
- Ryan Gosling (Blue Valentine)
Beste Hauptdarstellerin (Drama):
- Natalie Portman (Black Swan)
- Michelle Williams (Blue Valentine)
- Halle Berry (Frankie and Alice)
- Nicole Kidman (Rabbit Hole)
- Jennifer Lawrence (Winter's Bone)
Julee and the Bening sind beide als beste Hauptdarstellerinnen in der Abteilung Komödie/Musical nominiert, die erfahrungsgemäß im Hinblick auf die Oscars eine kleinere Rolle spielt. Johnny Depp kann sich über eine Doppelnominierung bei den Komödien freuen, für "Alice im Wunderland" und "The Tourist".
Was können wir jetzt daraus schließen?
"The Social Network" ist zur Zeit der Frontrunner. Colin Firth und Annette Bening sind in ihrer Favoritenrolle bestätigt worden. Gefahr für die Bening droht eigentlich nur von Natalie Portman in der Rolle einer unglücklichen Ballerina in "Black Swan", denn die Oscars bevorzugen jüngere Frauen in dramatischen Rollen. Die Gewinnerinnen dieses Jahrzehnts beweisen das: Hilary Swank, Julia Roberts, Halle Berry, Nicole Kidman, Charlize Theron, Reese Witherspoon, Marion Cotillard, Kate Winslet. Die große Ausnahme, was das Alter angeht: Helen Mirren in "The Queen". Bei den Männern ist das jugendliche Alter eher ein Handicap und so hat Colin Firth, der auf eine 25-jährige Karriere zurückblicken kann, beste Chancen vor den relativen Newcomern Wahlberg, Eisenberg, Franco und Gosling.
Widersprüchliche Botschaften hat Mark Ruffalo bekommen. Für "The Kids are all right" hat er den New Yorker Preis als bester Nebendarsteller erhalten, bei den Globes ist er aber erst gar nicht nominiert worden. Bester Nebendarsteller könnte daher auch Christian Bale in "The Fighter" werden.
Die Golden Globes werden am Sonntag, dem 16. Januar vergeben, die Oscar-Nominierungen kommen dann anderthalb Wochen später. Die in Frage kommenden Filme, die wir noch nicht gesehen haben, laufen in den nächsten Wochen übrigens noch nicht in Deutschland oder Belgien an, sodass die Oscarologen stressfreie Weihnachtstage verbringen können!
Frank Vandenrath - Bilder: epa